Restaurant de l'Hôtel de Ville (Benoît Violier) - Crissier
Der Tisch ist reserviert für 19.00 Uhr. Meine Begleitung und ich sind zu früh, wie üblich. Da sich unsere Lust in der arg windigen Kälte rumzustehen in Grenzen hält, gehen wir lieber doch schon mal rein.
Wir werden durch Chef Sommelier Michele Caimotto empfangen und darauf hingewiesen, dass das Restaurant noch nicht geöffnet ist. Glücklicherweise verfügt das Restaurant über einen Bar-ähnlichen Warteraum. Ein Bier gibts dort auch, also soweit alles bestens.
Nach einer guten halben Stunde werden wir in einen der beiden Speisesäle begleitet. Alles sehr elegant, der Boden mit Teppich bespannt. Ziemlich old-school, aber ganz schön eigentlich. Und schliesslich sind wir sowieso wegen des Essens hier.
Das Restaurant bietet zwei Menus und eine à la Carte Auswahl. Wir hatten uns eh schon im Vorfeld fürs grosse Menu entschieden und dabei bleibts auch.
Als Amuse-Bouche gibts ein Blätterteiggebäck mit schwarzen Oliven. Ganz nett. Und das einzige Amuse des Abends. Das Menu startet dann relativ schnell mit:
Délicate gelée d’Octopus iodée à l’Osciètre impérial escortée d’une rafraîchissante bouchée d’Étrille acidulée
Ok, das ist einfach mal extrem lecker. Produkte von makelloser Qualität, perfekt zubereitet. Mehr braucht es nicht, um uns glücklich zu machen.
Sphère de Foie gras de canard glacée à la très vieille “Grande Champagne” de chez Delamain, mêlée de pousses du moment
Trotz der Foie-Gras-Sphäre ein durch und durch klassisches Gericht. Vor allem die Kombination der Leber mit den Salatblättern und der Vinaigrette gefällt. Die Produktqualität ist ausserordentlich. Wie es sein sollte, in einem Restaurant dieser Klasse.
Belle Noix de Saint-Jacques de Normandie servie dans une nage anisée aux bigorneaux
Die Muschel, in der Schale serviert, ist wiederum ausgezeichnet. Jedoch gibts hier zur Abwechslung auch mal zwei kleinere "Mängel". Die Nage ist etwas gar Alkohol-lastig ausgefallen. Und für mich ist der Salzeinsatz hart an der Grenze. Ich bin zugegebenermassen kein Freund von übermässigem Salzeinsatz. Vor allem nicht, wenn die Produkte so aussergewöhnlich gut sind wie hier. Darum stört das viele Salz bei diesem Gericht eigentlich doppelt.
Côtes de Cardons épineux argentés de Crissier aux truffes noires
Das Highlight des Abends. Ein perfektes kleines Quadrat aus Kardonen, Ei und massig Trüffeln an einer Trüffelsauce. Einfach perfekt. Dieses Gericht brennt sich für immer als ein Trüffel-Referenzgericht in meinen Kopf ein. Den restlichen Abend würde ich gerne wie Bill Murray in Groundhog Day verbringen. Immer wieder dieser Teller.
Aiguillette de Saint-Pierre des Açores cuite sur le Teppanyaki, endives de Penthéréaz au citron confit
Der vielleicht beste Saint-Pierre den ich je gegessen habe. Ein wirklich schönes Gericht mit angenehmen Bitternoten. Aber nach dem grandiosen Trüffel-Gang, hats der Fisch hier relativ schwer. Trotzdem sehr, sehr gut.
Queue de Langoustine royale de la mer Celtique au naturel en escabèche
Ein Prachtexemplar einer Langoustine. Der Escabèche-Sud ist sehr grosszügig gewürzt. Der Geschmack der Langoustine geht nicht unter neben der Escabèche, was hinsichtlich des massiven Suds und des erneut sehr grosszügigen Einsatzes von Salz für die Qualität des Tieres spricht.
Poularde de Bresse Miéral “Sélection“ truffée accompagnée de poireaux bottes “Saint-Victor” et pommes de terre Celtiane au jus
Bei mir hat bereits ein relativ heftiges Sättigungsgefühl eingesetzt. Als dann unser Hauptgang präsentiert wird, weicht die Hoffnung auf eine angenehme Portionierung desselben blanker Foodie-Angst. Gut, ganz so schlimm ists nicht ;-)
Die Poularde wird vom Maître gekonnt zerlegt und auf den Tellern drapiert. Dazu gibts ein paar aüsserst schmackhafte Celtiane-Kartoffeln und ein wenig Lauch. Leider kann ich das Gericht nicht mehr so richtig geniessen. Was sehr Schade ist, denn abermals werden bestmögliche Produkte perfekt zubereitet serviert.
Beim abräumen der Teller lasse ich den Maître wissen, dass es heute leider nicht mehr für Käse reicht. Was eine Schande ist. Denn das Käsebrett, hier ein total unpassendes weil vollkommen untertreibendes Wort, sieht einfach monstermässig gut aus. Naja, beim nächsten Mal dann.
Alliance Exotique-Ananas Victoria parfumée au Rhum de Guadeloupe
Ein leckeres Dessert, nicht mehr, nicht weniger.
Feuillantine Chocolat grand cru “Araguani“ et griottes sauvages de Fougerolles
Eine Interpration der Schwarzwälder Kirschtorte. Ein klassisches, gut schmeckendes Dessert.
Mittlerweile sind meine Begleitung und ich nur noch bedingt aufnahmefähig. Die nun folgenden Mignardises und der Espresso bieten keinen Grund zur Klage.
Ohne bei seinen Vorgängern (Philippe Rochat & Frédy Girardet) gegessen zu haben, behaupte ich einfach mal, dass Benoît Violier den beiden in Nichts nachsteht. Er hält die Flagge des ehrwürdigen Restaurant De l’Hôtel De Ville in Crissier aufrecht und ist seine Auszeichungen (3 Michelin Sterne – 19 Gault Millau Punkte) mit Sicherheit wert.
Restaurant de l'Hotel de Ville
Rue d'Yverdon 1
1023 Crissier
Schweiz
+41 (0)21 634 05 05
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