Gourmet Restaurant Didier De Courten (Didier De Courten) - Sierre

Das Wallis ist ein Kanton reich an Geschichte und kulinarischem Erbe. Hier gibt es grandiose Weine, Raclette natürlich, Safran und seit einigen Jahren eine stetig wachsende Menge an ausgezeichneten Restaurants. An der Spitze der Walliser Gastronomie steht seit über einer Dekade das mit zwei Michelin Sternen und 19 Gault Millau Punkten ausgezeichnete Gourmet Restaurant Didier De Courten in Sierre (zu Deutsch: Siders). De Courten, gebürtig aus Sierre, kehrte nach Stationen im damals dreifach besternten Pont de Brent unter der Leitung von Gérard Rabaey und einem ersten Ausflug in die Selbständigkeit im nahe gelegenen Corin (wo er ebenfalls bereits zwei Michelin Sterne erkochte), im Jahre 2005 nach Siders zurück und übernahm das Hotel Terminus. Neben dem Gourmetrestaurant bietet das Hotel seinen Gästen eine Brasserie, eine Weinbar und natürlich Zimmer zum übernachten. Aufgrund der überschaubaren Grösse der im Rhonetal gelegenen Ortschaft, könnte man beinahe von einem kleinen Gastroimperium in der beschaulichen Stadt sprechen. Doch bekannt ist er nicht nur hier im Wallis, er zieht sowohl Gäste als auch Köche aus aller Welt an. Viel weiss ich über De Courten's Küche, abgesehen von den Artikeln in den einschlägigen Guides, nicht, als ich heute Abend hier einkehre. Umso gespannter bin auf das, was mich erwartet.

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Saibling, Estragon
Da ich einige Minuten zu früh im Restaurant eintreffe, gönne ich ich mir an der Bar zuerst noch ein Glas eines exzellenten lokalen Viognier. Die Küche wurde wohl bereits über meine verfrühte Ankunft informiert, denn nach kurzer Zeit steht ein erster Gruss in Form eines Gebäcks gefüllt mit Omble Chevalier (Saibling) und Estragon auf dem Tresen. Das Gebäck ist delikat, jedoch ist der Fischgeschmack etwas zu dominant. So dominant, dass ich den eigentlich kräftigen Estragon gar nicht wahrnehme. Losgelöst davon eine schmackhafte Petitesse.

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Brot
Bevor das Menü startet, wird eine Auswahl von verschiedenen Brötchen serviert. Eigentlich liegt es mir fern, ein Restaurant zu rüffeln, das sein Brot nicht selbst backt. Wenn es aber zugekauft wird, dann bitte in einer Qualität wie beispielsweise im Focus. Die hier servierten Brötchen machen den Eindruck, als ob sie beim Discounter die Strasse rauf gekauft und im Verlauf des Tages in der Küche aufgebacken wurden. Ein absolutes No-Go und folglich auch das mit Abstand schlechteste Brot, das mir jemals in einem Restaurant dieser Klasse serviert wurde. Nach einem Probestückchen wandert der Korb ans Ende des Tisches und verharrt dort für den Rest des Abends.

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Berner Rose, Bretonische Artischocken, Frühlingsgemüse, Baeri Kaviar, Grapefruit, Kamille, Vogelmiere
Das Menü startet ungleich besser mit einer verführerischen Kombination von Berner Rose Tomaten, bretonischen Artischocken und Kaviar. Die beiden Gemüse sind von beeindruckender Qualität und werden durch die jodige Salzigkeit des Kaviars schön ergänzt. Etwas Pampelmuse sorgt für eine belebende Frische, die dem Gericht ausgezeichnet zu Gesicht steht. Abgerundet wird dieses tolle Ensemble durch die floralen Noten der Chamomille und der Vogelmiere. Ein ausgezeichneter Start, der Lust auf mehr macht.

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Langoustine, Rhabarber, Hibiskus, Rote Curry-Sabayon
Meinem vielleicht liebsten Meeresbewohner gehört der nächste Auftritt. Ein stattlicher Kaisergranat wird zuerst gegrillt um dann mit einer süss-sauren Sauce lackiert zu werden. Die maritime Süsse des Edelkrebses wird durch ein Stück säuerlichen Rhabarber konterkariert sowie um eine Sabayon aus rotem Curry ergänzt. Dank der sehr gelungenen Portionierung und der perfekten Würzung der scheinbar überdominanten Beilagen ist die delikate Langoustine jederzeit unangefochtene Hauptdarstellerin dieses Tellers. Eine eindrückliche Darbietung der Kunst des Abschmeckens, auch wenn ich im gleichen Atemzug konstatieren muss, dass der Kaisergranat einen Hauch zu lange gegart wurde.

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Thunfisch, Fjordforelle, Sauerkirsche, Yuzu und Basilikum
Interessant geht's weiter mit zwei verschiedenen Meerfischen. Ein einwandfreies Mittelstück vom Thun kommt roh mariniert mit Sauerkirschensaft leicht süsslich daher. Die Marinade scheint nur dezent durch, sodass dem schönen Stück Fisch genug Platz zur geschmacklichen Entfaltung gewährt wird. Erneut gut abgeschmeckt, auch wenn der Gesamteindruck trotz dieser ungewöhnlichen Kombination nur mässig spannend ist. Besser gelungen (und auch ein qualitativ hochwertigeres Produkt) ist die norwegische Fjordforelle. Sie überzeugt durch einen schönen Schmelz und eine vibrierende Meeresfrische. Diverse Saucentupfer bieten gelungene Möglichkeiten zur Abwechslung mit ihren Zitrus- und Kräuternoten. Sehr schön.

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Bretonischer Hummer, Vinaigrette aus roten Früchten, Cannelloni aus Zucchini gefüllt mit Hummerscherenfleisch, Erbsen mit Estragon
Mit einem blauen Hummer aus der Bretagne folgt ein klassiches Luxusprodukt der Hochküche. Die beiden Rückenstücke wirken in Kombination mit den Erbsentupfern gefällig und sind schnell verputzt. Spannender jedoch ist das ausgelöste Fleisch der Scheren, aufgerollt in einen Canneloni vom Zucchini. In meinen Augen ist dieses Stück des Europäischen Krebses meistens gehaltvoller, süsser und auch zarter. Eingefasst durch eine erstaunlich geschmacksintensive Zucchini und wuchtig-säuerlich abgeschmeckt bereitet dieser Teil des Gerichts ungleich grösseren, süffigeren Spass.

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Steinbutt, Konfierte Zitruszesten, Kalamansireduktion, leicht pikante Sauce
Didier De Courten hegt offensichtliche eine grosse Vorliebe für Agrumen. Ein Faible, welches ich teile. Auch dem jetzt servierten Steinbutt steht die zitrussige Frische ausgezeichnet. Das gedämpfte, angenehm feste Rückenstück wird neben konfierten Zitruszesten noch von einer Reduktion begleitet, die mit dem anregenden Parfum der Kalamansi verfeinert wurde. Dazu gesellt sich eine leicht pikante und herrlich buttrige Sauce. Die höchst aromatischen Beigaben spielen sich zu keiner Zeit in den Vordergrund, sondern akzentuieren den delikaten Eigengeschmack des Plattfisches optimal. Eine erneute Demonstration in Sachen optimale Austarierung eines Gerichts. Sehr gut.

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Weisse und grüne Spargeln aus dem Wallis, Rohschinken aus Anniviers, Fregola Sarda, Safranemulsion
Nach der bisherigen kulinarischen Reise um die Welt, stellt der folgende Gang Produkte aus der Region in den Mittelpunkt. Hervorragender grüner und weisser Spargel ist in eine absolut süchtigmachende Emulsion mit Safran aus dem Wallis eingebettet. Diese schaumige Sensation lässt mich mit ihrem betörenden Duft schwelgen und unerhörte Wünsche nach einem Bad in diesem flüssigen Gold keimen im mir auf. Umwerfend lecker! Für einen schönen Kontrast zum knackigen Spargel sorgt eine sensationelle Fregola Sarda, die die grandiose Sauce zusätzlich mit ihren weichen Röstaromen scheinen lässt. Einige Nüsse fungieren zusätzlich als Texturgeber und ein Stück Rohschinken aus Anniviers, das mit einigen Kräutern gefüllt ist, rundet das Gericht durch seine fleischige Salinität ab und macht aus einem sehr guten, ein nahezu perfektes Gericht. Ich bin begeistert.

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Gemüse-Timbale, wilde Champignons, Morcheln, "Vin des Glaciers"-Sauce, Saubohnen, eingelegte Rote Zwiebeln
Der eingeschlagene lokale Pfad wird mit einer Gemüse-Timbale, gefüllt mit Champignons und Morcheln sowie einem Ragout von herrlichen Favabohnen gekonnt fortgesetzt. Am Tisch wird eine umwerfende Morchelcreme angegossen, die mit einem Gletscherwein (eine oxidativ ausgebaute Weinspezialität aus dem Wallis) verfeinert wurde. Diese Mischung aus Suppe und Sauce ist hocharomatisch, komplex und fesselt durch intensives Morchelaroma, eine lebhafte, anregende Säure und einen mundfüllenden Schmelz, den ich in dieser Form selten erlebt habe. Einige gepickelte rote Zwiebeln komplettieren einen der besten vegetarischen Gänge der jüngeren Vergangenheit.

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Schwarznasenlamm aus dem Oberwallis mit Lindenblüten und Pimpernelle, konfierte Schulter mit Rosen, Schaffrischkäseeis
Bereits beim Hauptgang angelangt. Ein Nierstück vom Schwarznasenlamm aus den Walliser Alpen wird mit Lindenblüten und Pimpinelle aromatisiert um dann gebraten zu werden. Daneben lässt De Courten ein Stück konfierte Schulter servieren, das in einen mit Rose aromatisieren Brickteig eingeschlagen daher kommt. Damit die ganze Angelegenheit nicht zu trocken wird, darf eine Sauce natürlich nicht fehlen. Diesen Part übernimmt eine ungewöhnliche, kalte Flüssigkeit aus Schaffrischkäse. Das kleine Schaf zählt leider nicht zu den besten seiner Art, das ich bisher probieren konnte. Dem Fleisch fehlt es an Charakter. Da helfen auch die Hilfestellung leistenden Aromen nicht. Die kalte Sauce erinnert an eine wässrige Käsesauce, die ebenfalls nicht gerade mit viel Geschmack aufwarten kann. Alles in allem ein fader, enttäuschender Hauptgang.

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Käsewagen
Über den imposanten Käsewagen mit diversen Trouvaillen von nah und nicht-ganz-so-fern kann ich in Zeiten von vielen schlechten Käsegängen nur positiv berichten. Immer wieder ein Hochgenuss.

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Zitronentarte, Johannisbeercreme, Sorbet von Japanischer Mispel
Der süsse Teil des Menüs beginnt mit einer futuristisch amnutenden Präsentation von diversen lustigen Stäbchen, die an ein architektonisches Denkmal erinnern. Sie stecken in einer angenehm frisch-herben Creme mit präsentem Johannisbeergeschmack, die die Papillen nochmal ein wenig wach küsst. Auch das Sorbet mit der mir bisher unbekannten Japanischen Wollmispel schlägt in die selbe aufweckende Kerbe und sorgt so für einen knackigen Start in die süsse Schlussstunde.

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Kokos-Île Flottante, Mandel-Blanc-Manger, Mango, Limetten, Basilikum
Exotisch geht's weiter mit einer sommerlichen Kombination von Kokosnuss und Mango. Auf der süssen Seite fungieren die Steinfrucht sowie das Blanc Manger als Zuckerbombe, die jedoch glücklicherweise durch die gesäuerte Mango gut aufgefangen und ausbalanciert werden. Hier hilft eine erfrischende Limette ebenfalls nach, damit das Dessert nicht ins beliebig Süsse abdriftet. Eher ungewöhnlich mutet in diesem Kontext die Beigabe vom Basilikum an, doch das typische Aroma der Gewürzpflanze ist sorgfältig ins Gericht eingearbeitet, vergrössert so das Geschmacksbild und sorgt für eine unerwartete Komplexität. Schön.

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Schoko-Zimt-Törtchen, Pistaziencreme, italienisches Glacé
Ohne Schokolade geht es natürlich nicht. Darum serviert De Courten zum Schluss das beinahe obligate Schokodessert in Form eines warmen Küchleins, das mit sizilianische Pistazien, Zimt und einem Cremeglacé klassisch begleitet wird. Die Aromen der einzelnen Komponenten sind wunderbar abgestimmt und scheinen bereits für sich, entfalten jedoch erst im Kombination ihren kompletten Charme. Ein Dessert, das mit seiner prägnanten Schoko-Nuss Aromatik wohl bei allen Gästen zuspruch finden wird. So auch bei mir. Ein gelungener süsser Abschluss.

Das Essen in Didier De Courten's Gourmettempel gleicht einer wilden Weltreise. Aromen aus jeder erdenklichen Ecke der Erde finden auf den Tellern zueinander und sorgen für einen sehr abwechslungsreichen Abend. Trotz den scheinbar willkürlich zusammengewürfelten Gerichten schafft es De Courten stets, das Menü mit einem roten Faden zusammenzuhalten. Was die Teller verbindet ist eine gewisse Leichtigkeit, eine angenehme Säure, so dass ich mich trotz des durchaus üppigen Mahls nie übersättig fühlte. Das ist eine Kunst, die nur wenige Chefs beherrschen. Wer einen Trip in die Westschweiz plant, sollte sich einen Besuch bei Didier De Courten nicht entgehen lassen.


Gourmet Restaurant Didier De Courten
Rue du Bourg 1
3960 Sierre
+41 27 455 13 51
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