Regina Montium (Benjamin Just) - Rigi Kaltbad
Die Rigi, die Königin der Berge oder auf Latein: Regina Montium. Hier, direkt auf der Kantonsgrenze von Schwyz und Luzern, eröffnete im Kräuer Hotel Edelweiss kürzlich das Restaurant gleichen Namens. Küchenchef Benjamin Just verfolgt gemeinsam mit den Besitzern des Hotels einen ganzheitlichen Ansatz der vorsieht, dass ausschliesslich Schweizer Produkte auf den Tellern und in den Gläsern landen. Dafür kann die Küche unter anderem auf über 320 (!) verschiedene Kräuter zurückgreifen, welche der Besitzer Gregor Vörös unterhalb des Hotels auf 1'550 m.ü.M. züchtet. Um die Vision weiter voranzutreiben, werden nochmals 1'000m2 Land gepachtet, auf denen Gemüse und weitere Kräuter angepflanzt werden sollen. Dass diese Swissness nicht nur ein Gag ist, sondern fast schon blutiger Ernst, zeigt beispielsweise die Tatsache, dass sich momentan keine Würste auf der Karte des Restaurants befinden. Eigentlich ein Unding in einem Schweizer Bergrestaurant, doch es gibt auf dem Markt momentan ganz einfach keine einheimischen Därme in ansprechender Menge und Qualität zu kaufen. Darum macht Just auch keine Würste. Das nennt man wohl die konsequente Umsetzung einer Philosophie. Abzusehen war nicht unbedingt, dass der aus Norddeutschland stammende Benjamin Just nach einer Lehre im traditionsreichen Hamburger Hotel Louis C. Jacob und Stationen im Steirereck in Wien sowie im Prisma in Vitznau bei seiner ersten Chefkochstelle einen solch dogmatischen Ansatz verfolgen wird. Doch die gelebte Philosophie der Hotelbesitzer und die Möglichkeit innerhalb dieser Einschränkung erstmals komplett autark ein Menü nach seinen Vorstellungen zu gestalten, scheinen die kreative Triebfeder des jungen Chefs anzuregen. Abgesehen von diesen wenigen Informationen über den Werdegang von Benjamin Just und die generelle Ausrichtung des Hotels und seiner Küche habe ich keine Ahnung, was mich heute Abend auf dem Berg erwartet und bin darum so gespannt wie schon lange nicht mehr auf ein Essen.
Was die Schweiz kulinarisch so alles zu bieten hat, zeigt Just gleich zu Beginn mit einer zeitgleich servierten, umfangreichen Mischung aus Brotservice, Apéros und Amuse Bouches. An der "Wäscheleine" hängen hausgemachte Pastrami, geräuchertes Herz sowie Mostbröckli vom Biohof Grubisbalm aus Vitznau. Diese drei dünnen Scheiben zeigen, wie rotes Fleisch wirklich schmecken muss: kernig und nach dem Tier von dem es stammt. Bestes Beispiel hierfür ist das Pastrami, dessen intensiver Rindergeschmack nicht von Räuchern überlagert wird. Lecker. Die Leine ist sehr schnell abgenommen und vertilgt. Als nächstes widme ich mich dem Glas auf dem Holzbrett, in dem sich eine herrliche Leberwurst mit Wollschweinfett und kretischem Oregano befindet, die wohl zu den besten Brotaufstrichen gehört, die ich jemals gegessen habe. À propos Brot, die drei verschiedenen Brote sind natürlich allesamt im eigenen Holzofen gebacken und eines ist schmackhafter als das andere. Die Leberwurst verträgt sich am besten mit einem tollen Körnerbrot, ein Hochgenuss. Alternativ gibt es für's Brot noch eine Vreni-Alp-Butter mit Kapuzienerkressepulver, die ebenfalls vorzüglich mundet. Mit grösstem Vergnügen mache ich mich nun über die Odermatt-Ziegenkäse-Espuma mit Schabzigerklee her. Kombiniert mit etwas Fleisch, nur mit Brot oder solo genossen, eine wahre Wonne. Diese luftig-leichte Masse, der delikate Geschmack der Ziegenmilch, und vor allem das Pulver vom Schabzigerklee, das die Erinnerung an den Duft einer frühlinglichen Bergwiese weckt, machen den Inhalt dieses Schälchens zu einem frühen und unerwarteten Höhepunkt des Abends. Ehrensache, dass das kleine Gefäss blitzblank in die Küche zurückwandert. Ich verlasse das Wäscheleinegebilde und probiere als nächstes die Löffeldegustation von Selleriepüree, Ofensellerie, Rapsspoom und Ennetbürger Hirsch-Biltong. Biltong ist, wie mir erklärt wird, eine luftgetrocknete Fleischspezialität aus Südafrika, die hier als "Brösel" auf dem Besteck landet. Ein wunderbar süffiger Happen, der relativ mächtig ist, aber am Gaumen sehr feingliederig daherkommt. Zu guter Letzt wird's crunchy mit einem Kartoffelstärke-Cracker mit Balchen und Eigelbcreme. Der Balchen (eine im Vierwaldstättersee beheiametete Felchenart) wird im Zwetschgenholzrauch gegart und sorgt im Kombination mit der wachsweichen Eigelbcreme und dem krachend knusprigen Cracker für eine mundfüllende Geschmacksexplosion. Sehr, sehr gut. Gregor Vörös, Mitbesitzer des Hotels, Chef de Service und Kräutermagier in Personalunion serviert zum Apéro-Brot-Amuse Bouche Gang eine hausgemachte Edelweiss Cola, hergestellt aus einem Auszug vom Colakraut (Eberraute), die erstaunlich gut zu den unterschiedlichen Komponenten passt und wie eine kräuterige Cola schmeckt.
Nach einem abwechslungsreichen wie prächtigen Start konzentriert sich die Küche mit der "Rigiviche" nun auf einen Teller. Die Ableitung einer Ceviche besteht aus einem im Kohlrabi-Essigfond gegarten Felchenfilet aus dem Vierwaldstättersee mit Boskopapfel, Kohlrabi und Nüsslisalatöl. Am Tisch wird etwas pasteurisiertes Milchsäureferment angegossen. Das grosszügige Stück Fisch ist Ceviche-typisch von einer zarten aber dennoch festen Struktur und lässt sein kristallklares Eigenaroma trotz der ausdrucksstarken Begleiter immer wieder aufblitzen. Die Einfassung des Felchen fällt säuerlich-erfrischend aus und komplementiert das delikate Fleisch optimal, ohne dem Fisch die Show zu stehlen. Auch texturell ist auf diesem kleinen Teller ordentlich was los, zart-fleischig trifft knackig-frisch und sorgt so für reichlich Papillenbewegung. Schön flankiert wird dieser Gang von einem Sauvignon Blanc von Uli Kilchsberger aus Flaach. Ein toller zweiter Menüeinstieg, bei dem ich mir lediglich eine etwas nach unten korrigierte Portionsgrösse wünschen würde.
Das Menü bleibt den Wasserbewohnern und wird mit einem grillierten und mit Randen glasierten Frutiger Stör, Erbsen-Spargel-Sprossen, Cameliaöl und Mini-Bio-Rande fortgesetzt. Beim ersten Bissen irritiert mich die relativ feste Struktur des Fischs ein wenig, als ich jedoch die nächste Gabel auch mit Beilagen belege und dann so langsam vor mich hinkaue, meine ich plötzlich den Schalk zu erkennen, den der Chef in dieses Gericht gepackt hat. Er spielt mit den Erwartungen des Gastes, der beim Anstubsen des Fischs mit der Gabel erwartet, dass der Stör sofort "flockt", also hauchzart gegart ist und sich bei Berührung quasi sofort in seine natürlichen Einzelteile trennt. Es wirkt ungewohnt, doch auf den zweiten Blick macht es durchaus Sinn, dass Just in diesem Fall auf ein festeres Fleisch setzt. So muss man sich viel mehr mit dem Kauen und seinen Folgen auseinandersetzen. Das Geschmacksbild verschiebt sich von der erwarteteten winterlichen Fragilität zu einem Barbecue-ähnlichen, betont süssen Vergnügen. Damit der Gaumen nicht nur an der Süsse zu kauen hat, steuern die dunkel gezogenen Erbsen-Spargel-Sprossen mit ihrer vegetabilen Frische dagegen, sowie das gechmacklich ebenfalls entfernt an Erbsen erinnernde Leindotteröl. Die Getränkebegleitung in Form eines schön säurebetonten, hausgemachten Zwetschgen-Kefir sorgt für zusätzliche Balance und rundet auch diesen Gang toll ab. Sehr gelungen, vor allem die Kombination zwischen Festem und Flüssigem.
Nach Fleisch und Fisch geht's vegetarisch weiter mit einer Wildpilzbouillon. Ich sitze direkt am Fenster mit Blick auf die spärlich beleuchtete, kalte Bergnacht, da passt so eine Brühe einfach perfekt. Die im Syphon angesetzte Bouillon ist mit Rauch und Zitronen-Bergbohnenkraut aromatisiert, dampfend heiss und hocharomatisch duftend, schmeckt ebenso intensiv wie sie riecht und ist dabei wunderbar wärmend. Dazu ein kleines Blättchen des Pilzkrauts im Tassenhalter, das ist die Definition von purem Umami. Im Schälchen nebenan befinden sich diverse Präparationen von Zuchtpilzen: eine Shiitakecreme, rohe Buchenpilze, grillierte Kräutersaitlinge sowie etwas Bierrettich-Kimchi. Das kann es in Sachen Intensität nicht mit der Brühe aufnehmen und könnte generell von einem Flöckchen Salz profitieren, schmeckt aber nicht schlecht. Dazu wird ein schmackhaftes Appenzeller Schwarzbier serviert.
Eine Premiere folgt mit Hirschribs mit Tannenhoniglack, Vogelbeeren und filigraner Duftpelagonie. Ich kann mich nicht entsinnen, jemals zuvor Hirschrippen gegessen zu haben. Das mächtige Stück Wild ist schön Fett, durch den Honig und die Vogelbeeren typisch süss-sauer gewürzt (die Duftpelagonie esse ich auf anraten des Chefs nicht), und weckt erneut BBQ-Assoziationen. Als Dip dazu serviert die Küche eine Brunnenkresse-Mayonnaise, die dank der präsenten Brunnenkresse und ihren bitter-grünen Spitzen etwas Auflockerung in das reichlich schwere Gericht bringt und das Fleisch so schön konterkariert. Um den Eindruck eines sommerlichen Grillabends zu komplettieren, dürfen natürlich auch ein paar Fritten nicht fehlen. Diese kommen als in Nussbutter frittierte Topinambur, Sauerkleewurzel, Pertersilienwurzel und Topinamburchip in der Champagnerschale auf den Tisch und werden ganz vornehm mit einem Pieker serviert, den man bei Aufräumarbeiten im Hotel entdeckt hat (dieser stammt wohl von ca. 150 Jahre alten Militärstiefeln und wurde natürlich vor dem Einsatz in der Gaststube gereinigt ;-)). Eine hübsche Idee, die auch geschmacklich voll aufgeht, wenngleich die "Fritten" etwas knuspriger sein dürften. Eine erneut wichtige Rolle im Gesamtgeschmacksbild nimmt das begleitende Getränk ein. Ein hausgemachter Camparigi (in Anlehnung an den italienischen Likör) aus einem Vogelbeerbitter steuert der süssen Fettigkeit durch seine prägnanten Bitterstoffe gekonnt entgegen und schmeckt ganz nebenbei auch vorzüglich.
Mit Klösschen vom Karpfen mit legierter Weissweinsauce, fermentiertem Knoblauch, Bärlauchkapern und eingelegten Roten Zwiebeln findet das Menü zurück zur Leichtigkeit. Hier sieht, riecht und schmeckt man förmlich die klassische Ausbildung, die Just im noblen Louis C. Jacob in Hamburg genossen hat. Die luftigen Quenelles (ultraklassisch eigentlich aus Hecht zubereitet) sind ein watteweicher Traum und wahrscheinlich die besten ihrer Art, die ich jemals gegessen habe. Dazu gesellt sich mit der legierten, sprich mit Eigelb gebundenen, Sauce eine prachtvolle Reminiszenz an längst vergangen geglaubte Tage, die eine gewisse Schwere mit sich bringt, der die Kapern und die Zwiebeln aber gekonnt entgegenwirken. Einfach wundervoll wie Just bei diesem Gericht ein angestaubtes Arrangement ins Hier und Jetzt verfrachtet, ohne dabei die geschmackliche Integrität des Originals zu beschneiden. Bis jetzt mein Favorit des Dinners. Im Glas dazu eine ungewöhnliche Rarität: Himbertscha 2013 von Mario Chanton aus Visp. Diese ausgestorben geglaubte Rebsorte wurde in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts von Chanton's Vater wiederentdeckt und quasi gerettet, und die Chantons sind wohl die einzigen Winzer der Welt, die zur Zeit einen Himbertscha anbauen. Schmeckbare Geschichte in Teller und Glas.
Ein stattliches Stück Wollschweinbauch mit Dörrbirne, Malzjus, Speckschaum und Molkecrumble erreicht nun meinen Tisch. Das schneeweisse Fett versetzt mich schon beim Anblick in helle Aufregung und verspricht schweinischen Hochgenuss. Eines Messers bedarf es hier eigentlich nicht, so weich ist der in Molke (!) gegarte und dann knusprig gebratene Bauch. Das Fett ist so zart, dass es im Mund einfach zerläuft. Traumhaft. Die Begleiter schlagen in dieselbe süffig-fettige Kerbe und bringen mich deswegen leider bereits nach wenigen, vorsichtig dosierten Gabeln kurzzeitig an meine Kapazitätsgrenzen. Es schmeckt zwar extem gut, doch insgesamt ist das einfach zu mächtig und zu viel Fett auf einem Haufen. Würde die Portion aus einem oder zwei Bissen bestehen, wäre dieser Teller sicherlich eines der herausragenden Highlights eines jeden Dinners. Sehr ungewöhnlich fällt die Getränkebegleitung aus: ein hausgemachter Luzerner Gute Louise Dörrbirnen-Trinkessig soll als krasses Gegengewicht zum vielen Fett für Balance sorgen. Das funktioniert aufgrund der schieren Menge an Fett leider nicht, doch der Trinkessig bietet sich in kleinen Schlucken genossen als passender, sehr interessanter Trinkpartner an.
Vermeintlich traditionell wird im Regina Montium vor dem Hauptgang ein Fenchelsorbet mit Sauerklee-Gin-Aufguss serviert. Ich bin gar kein Fan von Sorbets, ausser als Dessert, und darum im ersten Moment skeptisch. Doch die ätherische Note des Fenchels gepaart mit dem erfrischenden, leicht bitteren Aufguss weckt wirklich nochmals alle Papillen auf. Somit erfüllt dieses kalte Vergnügen seinen Zweck als äusserst schmackhafter Rachenputzer. Um die kräuterig-florale Note zu unterstützen trinke ich dazu einen hausgemachten Holunderschaumwein, der ebenfalls vorzüglich mundet.
Hohrücken vom Rigi Bio Rind mit "Kohlvielfalt" ist ein schön winterlicher Hauptgang, der auf ganzer Linie überzeugt. Angefangen beim tollen Rind von der Rigi, das natürlich perfekt gegart auf dem Teller landet und durch sein kräftiges Aroma sowie seinen angenehmen Biss überzeugt. Dessen beinahe wilde Fleischigkeit wird von einer ausgezeichneten Kalbsjus wunderbar hervorgehoben. Bei den unzähligen Kohlarten und Zubereitungen wie Rosenkohl, Federkohlpüree und Chip, Schwarzkohl, Weisskohlsprössling und Flower Sprout tobt sich die Küche nochmals richtig aus, ohne dass dabei das Ziel des Wohlgeschmacks aus den Augen verloren wird. Bei dieser Kohldeklination hat jedes Element seinen berechtigten Platz und unterstützt dabei zu jeder Zeit das ausgezeichnete Fleisch. Ein geschmacklich eher simpler Hauptgang, der mich mit seinem Purismus, der natürlich nur mit vorzüglichen Produkten wie diesen funktioniert, jedoch richtig begeistert. Wiederum trägt auch die flüssige Begleitung sehr zur allgmeinen Zufriedenheit bei: ein Malbec Merlot Premier 2014 vom Weingut Grillette aus Neuchâtel.
Aussergewöhnlich kommt der nun folgende Käsegang daher. Nicht, weil es ein "Gang" ist und keine simple Präsentation eines gut gereiften Käses, sondern weil es ein zuckriges Soufflé ist und somit gleichzeitig auch als Überleitung zum abschliessenden, süssen Teil des Dinners fungiert. Das Ziegenkäsesouffle mit Mispeln zieht mich vom ersten Löffel an komplett in seinen Bann. Dezent nur zeigt sich die Süsse, lässt dem ausgezeichneten, cremigen Ziegenkäse geschmacklich genug Raum sich vollständig zu entfalten. Eine Nocke herrlich säuerliche Mispeln (aus dem Garten von Gregor Vörös' Eltern in Weggis) konterkariert die Süsse optimal, und die Luftigkeit des Soufflés lässt mich trotz bereits hohem Sättigungsgrad restlos alles vertilgen. Ausgezeichnet. Zusammen mit dem mit Rigi-Heu aromatisierten Honigwein, den die Mutter der Hotelbesitzern Gabriela Egger Vörös herstellt, gleicht dieser Gang sogar einer Offenbarung. Das Zusammenspiel von vollmundigem Käseschmelz, lebhaften Mispeln und dem dezent "stalligen" Wein ist absolut umwerfend und macht aus dem Ganzen einen der besten Käsegänge, die ich jemals gegessen habe. Atemberaubend gut. Wäre ich nicht schon so voll, würde ich einen zweiten und einen dritten Nachschlag verlangen.
Beim servieren des ersten Desserts stellt mir die Küche ein Rätsel, das falsche Vermicelles besteht nämlich nicht aus Maronen, sondern aus einer zu erratenden Zutat. Auch nach mehreren Gabeln gelingt es mir jedoch nicht rauszufinden, um welche geheime Ingredienz es sich handelt. Ausser der Farbe stelle ich keinen signifikaten Unterschied zu einem regulären Vermicelles fest. Benjamin Just ist so gütig das Rätel aufzulösen: Grüne Linsen aus dem Kanton Genf. Da hätte ich noch lange weiter raten können... Gemeinsam mit einem Boskop-Apfelsorbet, Wildbrombeermark, Apfelessig-Meringue aus dem Holzofen und Butter-Streuseln schmeckt das so ausgezeichnet, dass ich ab sofort nur noch Vermicelles aus Grünen Linsen verlangen werde! Für reichlich Abwechslung ist durch das changieren zwischen nicht allzu süsser Süsse, Knusprigkeit und einer delikaten Fruchtsäure ebenfalls gesorgt. Sehr, sehr gut. À part auf dem Brettchen befindet sich ein schmackhafter Meringue-Cracker, der bei Bedarf zusätzliche Süsse und Crunch mit ins Spiel bringt.
Während ich genüsslich mein Vermicelles verspeise, erreicht mich bereits das zweite Dessert, ein weiteres Sorbet. Wiederum werde ich dazu aufgefordert zu erraten, aus welchen Komponenten dieses Eis besteht. Ich rate zwar falsch und schmecke den Kürbis auch nicht wirklich heraus, doch zumindest der Sanddorn dieses Kürbis-Sanddornsorbets wäre sensorisch durchaus auszumachen gewesen. Beim nächsten Versuch klappts hoffentlich besser. Dieser äusserst erfrischende Abschluss passt auch prächtig mit dem im Glas befindlichen Riesling Sylvaner Strohwein von Uli Kilchsberger zusammen, der bereits das Vermicelles kongenial begleitet hat.
Zu guter Letzt finden noch einige Petits Fours den Weg zu mir: Rahmtäfeli mit Lavendel, Macaron mit Mispel sowie ein Macaron mit Kürbiskernen schliessen den Abend sehr schön ab. Vor allem das mit Lavendel aromatisierte Rahmtäfeli ist in seiner Andersartigkeit ausgezeichnet.
Die Reise auf die Königin der Berge hat sich gelohnt. Benjamin Just kocht naturnah, unterwirft sich ganz im Sinne des Kräuter Hotels einem strengen wie passenden Regime, indem er konsequent auf Schweizer Produkte setzt. Wie konsequent dieser Weg umgesetzt wird, zeigt unter anderem die Wurst-Anekdote. Trotz dieser vermeintlichen Einschränkung ist die Küche des Regina Montium weltoffen, experimentierfreudig, und überzeugt dabei neben dem wichtigsten, dem guten Geschmack, auch mit einer gehörigen Prise Humor. Das sollte im nächsten Herbst locker für ein Macaron von der roten Bibel reichen. Angereichert wird die überzeugende Küche des jungen Chefs durch die ungewöhnliche, teilweise fordernde Getränkebegleitung (Trinkessig, anyone?) des Kräutermeisters Gregor Vörös und ergibt so ein kulinarisches Gesamtkunstwerk, das selbst weitgereiste Gourmands zu überraschen vermag. Am besten verbindet man einen Besuch im Regina Montium mit einer Übernachtung im Kräuter Hotel Edelweiss, macht einen Ausflug zum Gipfel der Rigi und ergötzt sich an der Wahnsinnsaussicht, der frischen Luft und der wundervollen Natur. Mein Plan sieht jedenfalls vor, im Sommer zurückzukehren um mir anzuschauen, was Just und Vörös kulinarisch veranstalten, wenn alles blüht und spriesst. Ich bin gespannt.
Regina Montium im Kräuter Hotel Edelweiss
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