Megu (Takumi Murase) - Gstaad

Megu (Takumi Murase) - Gstaad

Tag Nummer Zwei in Gstaad. Nach einer erholsamen Nacht im einem der prächtigen Zimmer des ‚The Alpina Gstaad‘ muss ich zuerst mal den Ausblick von der Terrasse geniessen. Wunderschön, dieses Berner Oberland. Und in Kombination mit dem relaxten Vibe des Hotels eine beruhigende Wohltat, die einen den Trubel des Alltags sehr schnell vergessen lässt. Ein kurzes, aber stärkendes Frühstück später erkunde ich ein wenig den Ort, bevor es am Abend im Megu weitergeht. Nach einem eher ernüchternden Essen im ‚Sommet‘ am Abend zuvor (zum Bericht), folgt heute das zweite besternte Lokal des Alpina, ein modernes japanisches Restaurant. Es ist ein Ableger des Megu New York, das neben dem Stammhaus mittlerweile auch Dependancen in Delhi, Doha und Moskau unterhält. Der Küchenchef Takumi Murase wurde im Mutterhaus ausgebildet, nachdem er zuvor in Kalifornien bereits als Koch gearbeitet hatte. Das Megu Gstaad verfügt auch über einen Sushi-Chef, Tsutomu Kugota, der ebenfalls im Stammbetrieb in den USA ausgebildet wurde und hier eine Sushi-Station im Restaurant hat, an der ihn die Gäste bei Interesse bei der Zubereitung beobachten können. Das Restaurant selbst ist sehr ansprechend gestaltet und zeigt seine japanische Seite beispielsweise auch in den Tischen und Stühlen, die teilweise merklich niedriger sind als wir das hierzulande gewohnt sind - gerade am Sushi-Counter. Ich bin ausserordentlich gespannt auf die kommenden Stunden, denn die hochklassige japanische Küche nach Europa zu transportieren ist schwierig und entsprechende Restaurants, die der Michelin mit einem Macaron auszeichnet, sind rar. Darum ist die Vorfreude umso grösser. Da der Chef neben einem Omakase Menü auch noch eine grosse Auswahl an à la carte Gerichten anbietet, entscheide ich mich dazu, zusätzlich zum Menü einige dieser Kreationen zu probieren. Die Terrasse des Hotels ist am Abend meines Besuches pickepacke voll. Da ich sowieso nicht gerne draussen speise und es drinnen zumindest etwas kühler ist, nehme ich an einem der Tische mit Blick auf Herrn Kugota Platz und mache es mir beim ersten Sake des Abends gemütlich, bevor das muntere Treiben beginnt.

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Aus der à la carte Sektion starte ich mit den knusprigen Kanzuri Garnelen. Die ursprünglich aus der Präfektur Niigata stammende Kanzuri Sauce besteht aus Togarashi Chilies, die klassischerweise zuerst in Salz eingelegt und danach auf Schnee ausgelegt werden, um dort einige Tage zu verweilen, was ihnen etwas von ihrer Schärfe und Bitterkeit nehmen soll. Danach werden die Chilies mit Koji und Yuzu zu einer Paste verarbeitet, die dann als Sauce dient. Hier überzieht sie die qualitativ hervorragenden Garnelen in ihrer vermeintlich knusprigen Hülle. Das schmeckt simpel aber hervorragend, doch leider ist von der vormals knusprigen Hülle aufgrund der Kanzuri-Beschichtung fast nichts mehr zu merken. Ein konzeptioneller Fehler, der dem Geschmack aber keinen Abbruch tut.

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Das Omakase Menü wird mit einem Thunfisch Tataki mit Kanzuri-Rettich, Ponzu und Nori Vinaigrette eröffnet. Der Fisch ist von guter Qualität und wurde kurz abgeflämmt, um Röstnoten ins Spiel zu bringen. Die braucht der eher subtile Fisch auch, um gegen die übermächtige Einfassung ankämpfen zu können. Doch leider ist der Fisch zu kalt. Eine Eigenheit eines Tatakis ist natürlich genau diese: heiss anbraten oder abflämmen, so dass das Produkt innen roh bleibt und es dann kühl serviert wird. Doch hier sprechen wir von kühlschrank-kalt, was für den Geschmack alles andere als förderlich ist. Die Begleitung ist prinzipiell stimmig, jedoch passen die Proportionen auf dem Teller überhaupt nicht, - was die Optik auch bereits vermuten lässt. Würde man sowohl die Portionierung als auch die Temperierung verbessern, wäre das das ein potenziell gelungener Einstieg.

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Knuspriger Spargel paniert mit pikanten japanischen Reiscrackern, Chili und Zitrone weiss leider nicht zu überzeugen. Angemessen knusprig sind die beiden Stängel zwar, doch beide Panaden sind viel zu dick geraten und entsprechend schwer. Dazu ist der Spargel fad und die Chili kann ich gar nicht wahrnehmen. Die Zitrone peppt das Ganze zwar wenigstens ein bisschen auf, doch zu begeistern vermag dieser Gang dennoch nicht. Schade.

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Natürlich darf bei einem Besuch in einem japanischen Restaurant auch eine Miso nicht fehlen. In diesem Fall handelt es sich um eine Akadashi Miso, also eine Mischung zweier unterschiedlicher Miso-Sorten, die heute zusätzlich mit dünnen Pilzscheiben und frischen Frühlingszwiebeln verfeinert wurde. Ich bin ein grosser Miso Liebhaber und das ist eine wirklich exzellente Miso der eher kräftigen Sorte. Ob Sommer oder Winter, hiermit kann man nie etwas falsch machen. Die beiden Einlagen sind sinnvoll gewählt und ergänzen die Suppe sowohl texturell als auch geschmacklich, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.

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Das nächste Gericht, das ich ausserhalb des Omakase Menüs probiere, ist ein Ramennudelsalat mit Hühnchenbrust, gemischtem Gemüse und Yuzu-Wasabi-Dressing. Ich möchte heute Abend versuchen, mir einen möglichst breit angelegten Überblick der Küche des Megu zu verschaffen, deshalb fällt meine Wahl auch auf einen Teller wie diesen, um zu sehen, wie vermeintlich simple Sachen umgesetzt werden. Der ‚Salat‘ ist, gelinde ausgedrückt, alles andere als überzeugend. Die Nudeln sind teilweise noch hart, an anderen Stellen sind sie verkocht. Das Hühnchen ist kühlschrank-kalt (schon wieder) und absolut frei von jeglichem Eigengeschmack, genauso wie die Gemüsestreifen. Das vermeintlich würzig-frische Dressing ist nur sauer. Das ist eine Enttäuschung auf ganzer Linie und es ist mir wirklich schleierhaft, wie so ein Gang es überhaupt auf das Menu schaffen kann. Geschweige denn die kritischen Augen und den Gaumen des Küchenchefs am Pass zu überzeugen vermag und sogar zum Gast geschickt wird. Ich bin kein Freund übertrieben formulierter Kritik, aber das ist einfach ein in allen Belangen schlechter Teller. 

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Dem nun folgenden geschmorten Schweinebauch mit Carabinero und eingelegter roter Bete aus dem Omakase wird es sehr leicht gemacht seinen Vorgänger zu übertreffen. Eine schön knusprige Schwarte zaubert unter appetitanregendem Krachen direkt wieder ein Lächeln auf mein Gesicht. Der Bauch hat eine angenehm dicke Fleischschicht und kann deswegen noch mit einem gewissen Biss aufwarten, der in diesem spezifischen Gericht durchaus erwünscht ist. Denn zum weichen Carabinero, von dem im Sinne der Balance ruhig ein bisschen mehr hätte eingesetzt werden dürfen, bietet das Schwein so gemeinsam mit den Beten ein abwechslungsreiches Texturspiel. Insgesamt ist das ein gelungenes Ensemble, wenngleich etwas auflockernde Säure durchaus willkommen wäre um für Leichtigkeit zu sorgen und das Gesamtbild abzurunden.

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Nun ist es an der Zeit für den obligatorischen Sushi und Sashimi Gang, der von Sushi-Chef Tsutomu Kugota an seiner eigenen Station direkt im Restaurant vor den Gästen zubereitet wird. Auf dem Brett befinden sich Chutoro und Otoro vom Thunfisch, Gelbschwanzmakrele, Amaebi Garnelen, Krabbe, Tintenfisch sowie ein Tamago. Dazu wird am Tisch frischer Wasabi gerieben. Die Qualität der einzelnen Meeresbewohner ist für Schweizer Verhältnisse überdurchschnittlich gut - die beiden Stücke vom Thunfisch sowie die Garnele stechen besonders heraus - jedoch hat keines der Produkte Referenzquälitat. Das erwarte ich in einem Restaurant in der Schweiz auch nicht zwingend, obwohl es mittlerweile auch hierzulande sehr ambitionierte Chefs gibt, die wirklich ausserordentlich gutes Meeresgetier auf die Teller bringen. Womit sich Kugota von anderen Sushi-Chefs in der Schweiz abhebt, ist die Temperatur seines Fisches und dessen Schnitt. Zwar ist das ingesamt immer noch einen Ticken zu kalt, jedoch Welten entfernt von dem, was einem hierzulande sonst so aufgetischt wird. Ebenso wie der Schnitt, der davon zeugt, dass Kugota nicht nur einen Grundkurs an einer Abendschule besucht hat und auf Umwegen in diesem Beruf gelandet ist. Auffallend ist auch das relativ süsse Shari (der Sushireis) und dessen zu kalte Temperatur. Ersteres mag ein persönlicher Touch sein, ich präferiere den Reis merklich stärker gesäuert, oder ein Zugeständnis an die Klientel. Letzeres ist sicher verbesserungswürdig. Das ist alles bereits Meckern auf relativ hohem Niveau - im ausschliesslich helvetischen Vergleich - und gehört trotz kleinerer Unzulänglichkeiten sicherlich zum besten Sushi, das mir hierzulande serviert wurde.

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Weiter geht’s im Omakase mit einer Yuzu Ceviche. Den hier verwendeten Fisch habe ich nicht notiert, was aber insofern nicht nötig gewesen ist, als das man ihn sowieso nicht erschmecken kann. Er macht sich lediglich als kaubedürftiges Element in diesem Konstrukt bemerkbar, das durch eine wirklich beissende Säure nahezu ungeniessbar wird. Ähnlich wie beim Ramennudel-Salat zuvor muss ich mich ernsthaft fragen, ob irgendjemand auch mal probiert, was hier auch den Gast losgelassen wird.

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Poulet Teriyaki mit Pouletbällchen, frittiertem Flügel, mariniertem Ei und Teriyaki Sauce ist der letzte Teller meiner à la carte Auswahl vor den Desserts. Und hier passt endlich mal alles. Akkurat gebratene Brust mit schönen Röstaromen, knuspriger Flügel, herzhafte und relativ leichte Bällchen am Spiess. Zusätzliches Umami steuern das eingelegte Ei sowie die Teriyaki Sauce bei, die kleinen Saucenkleckse am Rand erweitern bei Bedarf das Geschmacksbild als gelungene Dips. Das alles hat zwar rein gar nichts mit einem Michelin Stern zu tun, schmeckt aber einfach gut und ist deshalb auch im Nu verputzt.

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Zum herzhaften Finale des Omakase Menüs setzt man auf Luxus in Form eines Kagero Wagyu Steaks vom Steingrill mit Cognac flambiert. Das aus Kobe stammende Fleisch wird wohl fast ausschliesslich an die Megu-Gruppe verkauft und gemäss Auskunft des Service‘ in der Schweiz exklusiv im Megu in Gstaad angeboten. Es handelt sich um ein Sirloin Steak, also ein eher mageres Stück Fleisch, was im Kontext vom japanischem Rind und seinem generell höheren Fettgehalt durchaus Sinn macht. Der Sinn des Flambierens hingegen erschliesst sich mir nicht, da dadurch nur unnötigerweise vom natürlichen Fleischgeschmack abgelenkt wird. Zusätzlich ist das zweimalige Erhitzen und das Servieren auf einem heissen Stein auch dem Gargrad des Fleisches nicht gerade zuträglich. Aber ich bin sicher, dass die Gäste an der Show ihre Freude haben. Das Fleisch ist erwartungsgemäss von exzellenter Qualität (aber in der Tat ein bisschen zu lange gegart, was aber durch den Fettgehalt kaschiert wird) und wird lediglich von ein paar Zwiebeln begleitet. Puristisch und gut.

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Grüntee Crêpe mit Milchcrème, Yuzu-Sorbet und eingelegten Litschis ist ein krönender Abschluss des Omakase Menüs. Eine herrliche Kombnination aus vollmundiger Cremigkeit, erfrischender Säure, süsser Frucht und der leicht dumpfen, mystischen Note des Grüntees. Die Abstimmung der einzelnen Elemente ist absolut perfekt und beschert mir zum Schluss das Highlight des Abends. Ganz ausgezeichnet!

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Darum gibt’s gleich noch einen Gang von der Dessertkarte hinterher, auch wenn das Tiramisu-Parfait mit frischen Beeren und Kaffee-Glacé, das ich aussuche, natürlich nicht so ganz zum japanischen Motto des Abends passt. Wie dem auch sei, auch dieses Dessert weiss sehr zu gefallen. Es erreicht zwar nicht ganz die begeisternde Qualität des Vorgängers, ist jedoch mit seiner zugänglichen Art und dem Verschmelzen bewährter Aromen immer noch exzellent. Ich habe nicht nachgefragt, ob beide Desserts von derselben Patissiere stammen, doch da die Süssspeisen gestern im Sommet bereits toll waren und auch heute wieder zu überzeugen vermochten, gehe ich stark davon aus.

Obwohl der Abend dank der Desserts auf einem Hoch beendet wurde, war das insgesamt leider ein doch eher enttäuschendes Dinner. Abgesehen vom Ramennudel-Salat und der Ceviche – beide Gerichte hätten die Küche so niemals verlassen dürfen - sehe ich das Problem aber wie so oft nicht mal zwingend beim Megu selbst, sondern bei den Guides, die mit ihren übertriebenen Bewertungen falsche Erwartungen schüren. Die Küchenmannschaft des Megu lieferte, abgesehen von den beiden erwähnten Gerichten, eine grundsolide Vorstellung ab. Das Sushi hebt sich sogar merklich vom schweizerischen Durchschnitt ab. Doch auch das Sushi ist in meinen Augen keine 16 GaultMillau Punke wert und schon gar keinen Michelin-Stern. Und den Rest kann man halt in zahlreichen anderen Lokalen im Land in durchaus gleichwertiger Qualität bekommen. Keines dieser Lokale hat Punkte oder Sterne. Das Megu repräsentiert nicht wie im Guide bei einen Stern beschrieben „Eine Küche voller Finesse – einen Stopp wert!“ (nachdem es früher mal „ eine sehr gute Küche, welche die Beachtung des Lesers verdient“ bedeutete) oder den von GaultMillau für 16 Punkte angepriesenen „Hohen Grad an Kochkunst und Qualität“. Wer sich also bei einem Besuch des Megu auf die Bewertungen der grossen Guides verlässt, dürfte das Lokal nicht unbedingt glücklicher verlassen, als er oder sie es betreten hat. Wer jedoch nach einem (mit wenigen Abstrichen) sehr anständigen japanischen Essen sucht und einen gemütlichen Abend in der tollen Atmosphäre des Restaurants und des Alpina verbringen möchte, der ist hier genau richtig.


Megu
im The Alpina Gstaad
Alpinastrasse 23
3780 Gstaad
Schweiz
+41 (0)33 888 98 66
Website


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