Tickets (Albert Adrià) - Barcelona
Tickets (Albert Adrià) - Barcelona
La Vida Tapa Variété
Wenige andere europäische Städte werden so stark mit lukullischen Genüssen verbunden wie Barcelona. Von den Märkten über die simple Bar, wo man für einen Wermut und ein paar Tapas einkehrt, bis hin zum Dreisterner ist alles dabei, was das kulinarische Herz begehrt. In so ziemlich allen dazwischen liegenden Facetten kann man in der katalanischen Metropole ebenfalls auf höchstem Niveau geniessen. Eine richtige Weltstadt eben, von denen es nicht so viele gibt.
Einen nicht unerheblichen Teil zur Diversität der Stadt trägt Albert Adrià bei. Der längst aus dem Schatten seines älteren Bruders Ferran - Chef und Vordenker des legendären El Bulli - getretene Albert war im ikonischen Restaurant in Roses für die Dessertwelt zuständig und führte zusätzlich das angehängte Labor Bullitaller in Barcelona, wo er während der Wintermonate getüftelt hat. Unter der Bezeichnung El Barri (zu Deutsch: das Quartier) führt der jüngere Adrià mittlerweile fünf Restaurants in Barcelona, die nur wenige Minuten voneinander entfernt liegen. Auf meiner letzten Reise habe ich das hervorragende Hoja Santa besucht (zum Bericht), wo Adriàs Statthalter Paco Méndez die mexikanische Küche neu interpretiert. Heute kehre ich sozusagen zu seinen Ursprüngen zurück, denn gemeinsam mit dem mittlerweile geschlossenen 41° war das Tickets das erste Restaurant, das Albert Adrià nach der Schliessung des El Bulli eröffnete.
Da der umtriebige Chef ein grosser Fan von Zirkus, Magie und dergleichen ist, sollte auch das Tickets nicht einfach ein Ort der gepflegten Nahrungsmittelaufnahme sein. Ein bisschen Show, ungewöhnlichen Ideen Raum zur Entfaltung geben, (kulinarische) Fantasien ausleben, etwas nicht alltägliches für seine Gäste (und sich selbst) schaffen. Das alles und noch viel mehr ist das Tickets. Eine Art kulinarisches Kabarett. Obwohl ich grundsätzlich nichts gegen ein bisschen Theater beim Essen einzuwenden habe, hoffe ich, dass bei der gleich folgenden Darbietung dem kulinarischen Aspekt zumeist der Platz im Scheinwerferlicht zugestanden wird. Ob das so ist, werden die kommenden Stunden zeigen. Was mich genau erwartet, weiss ich nicht. Wie mir der Service mitteilt, hat die Küche bereits etwas vorbereitet. Daher verzichte ich auf einen Blick ins Menü. Manege frei!
Adrià eröffnet die Show mit dem vielleicht emblematischsten Gericht der sogenannten Molekularküche, das er natürlich mitentwickelt hat - sphärifizierte Oliven. Unzählige Male habe ich in den vergangenen knapp 20 Jahren Klone dieser Schöpfung gegessen. Einige wenige waren gelungen, der grössere Teil allerdings liess mich die Sinnhaftigkeit dieser Technik hinterfragen. Die Quasi-Originale im Tickets sind sehr gut, aber vom Hocker reisst das wohl niemanden mehr. Zumindest mich nicht.
Zeitgleich mit den Oliven wird die Makrele mit Kombualge “Shime Saba” sowie das Pan con Tomate aufgetischt. Shime Saba steht für Makrele (japanisch “Saba”) festigen (japanisch “Shimeru”). Der Fisch wird dazu gesalzen und in Essig eingelegt, was seinem Fleisch eine kompaktere Struktur verleiht. Die Makrele ist von sehr guter Qualität, die Würzung auf den Punkt, so dass der Essig klar erkennbar ist. Als kleines Gimmick kommt zusätzlich fermentierte Tomate zum Einsatz, was dem Happen einen sommerlichen Touch verleiht und die Brücke zum Brot schlägt. Sehr gut. Das Pan con Tomate hingegen ist eines Sternerestaurants nicht würdig. Keine Spur von Knusprigkeit und die Tomate ist höchstens anhand der roten Farbe identifizierbar. Diesen Klassiker habe ich in so mancher Strandbar schon besser gegessen.
Eine beeindruckende Zurschaustellung von Küchentechnik ist die Karottenmeringue mit Papaya. Optisch an ein Éclair erinnernd, sind die kleinen Schiffchen geradezu federleicht und lösen sich im Mund fast einfach in Luft auf. Die Geschmäcker der Hauptkomponenten sind dabei perfekt rausgearbeitet, sehr intensiv und wirken dennoch kein bisschen artifiziell, sondern absolut natürlich. Beeindruckend.
In den Tomaten “natürlich” steckt, wie könnte es anders sein, auch wieder eine kleine Täuschung. Die Tomate wird gehöhlt und anschliessend mit einer Gelatine aus Tomatenwasser wieder gefüllt. Dazu gibt es eine auf den Tomatenkernen basierende Vinaigrette. Konzeptionell ist das durchaus spannend, allerdings schmeckt die Umsetzung ganz einfach nicht so gut wie eine perfekt gereifte Tomate. Da gefallen mir die exzellenten Sardellen, die mit einer Pipparak-Sauce überzogen wurden, um einiges besser. Der ölige Fisch und die pikante Sauce aus grünen Pfefferschoten ergänzen sich optimal und ergeben einen (angesichts der kräftigen Aromen) erstaunlicherweise ziemlich eleganten Happen.
Weiter geht’s mit einem Air Baguette mit Rubia Gallega. Beim Air Baguette handelt es sich um ein enorm knuspriges und innen hohles mini Baguette. Ummantelt wird es von sehr nussigem, gereiftem Rind aus Galizien. Geschmacklich ist das super, wie ein mit hochwertigen Zutaten belegtes, abgespecktes Sandwich. Das Baguette ist jedoch zu krümelig und entwickelt dadurch am Gaumen eine etwas breiige Textur.
Absolut grandios hingegen ist der Tintenfisch mit Meerrettich. Der Kalamar ist ultrazart, ja regelrecht delikat. Selbst in der Spitzengastronomie eine ziemliche Seltenheit, weshalb meine Freude umso grösser ist. Begleitet wird der Meeresbewohner von einer Meerrettichcrème, die für einen ordentlichen Kick am Gaumen sorgt, sowie gepufftem Getreide, das die Zartheit des Tintenfischs mit seiner krachenden Knusprigkeit kontrastiert und ein wenig Nussigkeit ins Geschmacksbild streut.
Ein puristischer Hochgenuss sind die Grünalgen-Tempura, die mit einer ebenfalls auf Grünalgen basierenden Vinaigrette serviert werden. Der Tempurateig ist beeindruckend leicht, sehr knusprig und kein bisschen fettig. Ein perfektes Vehikel für die Alge, deren dezent jodige Salinität von einem animierenden Bitterton unterlegt ist, der durch das Dippen in der Sauce zusätzlich akzentuiert wird. Klasse.
Bei der Auster Escabeche kommen eigens für Albert Adrià gezüchtete Austern zum Einsatz, die so dick und fleischig sind, wie keine Auster, die ich jemals zuvor gesehen habe. Es hat seinen Grund, warum diese Riesenteile zweigeteilt zurück in ihre Schalen wandern, wie ich gleich merke. Frischfröhlich schlürfe ich nämlich gleich den gesamten Inhalt auf einen Schlag rein und bin danach eine gute Weile mit kauen beschäftigt. Immerhin bringt das die untrügliche Sicherheit mit, dass es sich um ganz hervorragende Molusken handelt, die nach frischem Meerwasser schmecken. Dazu und zur üppigen Fleischigkeit passt die pointiert säuerliche Escabeche exzellent.
Nach drei sehr guten Gängen ohne augenfällig zur Schau gestellter Techniken ist beim Auberginen-Nigiri die spielerische Trompe-l’Œil Komponente wieder präsent. Obenauf liegt ein in Form geschnittenes Stück der Aubergine, verstärkt durch etwas Haselnuss sowie Sesam. Tatsächlich ist die Basis wie bei einem klassischen Nigiri hier ebenfalls der Reis, allerdings neu als luftiges Meringue-Wölkchen interpretiert, das sich am Gaumen sofort zersetzt. Macht Spass und schmeckt.
Weiter geht’s mit einer Avocado Pizza mit Krebsfleisch. Als Pizzaboden dient eine Art hauchdünner, knusprig frittierter Brikteig. Neben der erstaunlich intensiven Avocado liegen zusätzlich einige Kleckse aufgeschlagener Chipotle-Mayonnaise obenauf. Ob man das Krebsfleisch einfach aus Gründen der Präsentation auf einem separaten Teller reicht oder damit jeder Gast nach eigenem Gusto dosieren kann, kläre ich nicht abschliessend. Auch wenn Pizza und Meeresgetier ziemlich gut harmonieren, bin ich dennoch nicht komplett von dieser Kombination überzeugt. Deshalb esse ich zuerst die Pizza und dann das Krebsfleisch.
Die als Fleisch-Soufflé annoncierten Happen sind etwas weniger prickelnd als vermutet und letztlich nichts anderes als gut gemachte Pommes Soufflé mit einer Scheibe Rindfleisch und einer Sauce Béarnaise. Nett, mehr aber auch nicht. Was vor allem am ziemlich langweiligen Fleisch und der praktisch non-existenten Würzung liegt.
Es folgen ausgelöste Miesmuscheln, die mit Schinken-Öl beträuffelt wurden. Klingt spannend und erzeugt entsprechend grosse Vorfreude. Allerdings nur, bis ich die Muschelschale an die Lippen ansetze und die Muscheln in meinen Mund wandern. Sie sind nämlich kalt. Nicht einfach Raumtemperatur, wie die in Spanien beliebten und oftmals exzellenten Meeresfrüchte aus der Dose, sondern eiskalt. Es ist davon auszugehen, dass die Muscheln vorbereitet im Kühlschrank lagerten, um bei Bestellung nur noch mit dem Öl fertiggestellt werden zu müssen. Ohne Mise en Place geht gar nichts, das ist klar, aber hier liegt entweder ein konzeptioneller Fehler oder aber ein Missgeschick der Küche vor, indem man die Muscheln zu spät aus ihrem Kälteschock befreit hat. Das Resultat schmeckt nach wenig bis gar nichts. Das Schinken-Öl entwickelt aufgrund der Temperatur zu allem Überfluss auch noch eine unangenehme Viskosität und lässt dabei geschmackliche Erinnerungen an Pappkarton aufkommen.
Die kleine Unaufmerksamkeit wird durch den knusprigen Pulpo umgehend wieder ausgebügelt. Der gegrillte, ultrazarte Pulpo dürfte eines der besten Exemplare sein, die mir jemals serviert wurden. Nach dem Grillen wird die obere Hälfte kurz in warme Kimchi-Butter getaucht, um anschliessend mit einer Schicht aus enorm knusprigen Panko überzogen zu werden. Wie der rauchige, fleischige Oktopus mit dem komplexen, pikanten Kimchi und der nussigen Kruste harmoniert ist absolut phänomenal. Hierfür kann man problemlos auch zwei Macarons zücken. Noch besser wird dieser Gang für einen Pickles-Fan wie mich durch die Beigabe der hausgemachten Piparrak, die dem Ganzen die säuerlich-scharfe Krone aufsetzen. Unfassbar lecker. Das noch zu toppen dürfte schwer werden.
Beim Zucchini Reis spielt die Küche wieder mit den Erwartungen der Gäste. Zumindest den Spaniern unter ihnen dürfte der “Arroz de calabacín“ ein Begriff sein. Die allseits bekannte Version dieser Hausmannskost ist dem Risotto nicht unähnlich, einfach ohne Käse. Adrià schlägt bei seiner Interpretation zwei Fliegen mit einer Klappe, indem er den Reis weglässt und durch Zucchinisamen ersetzt. Die sehr al dente gekochten Samen schwimmen in einer kräftigen Brühe und werden zusätzlich von Babytintenfischen sowie Minze flankiert. Momente wie dieser zählen zu den besten des Dinners. Spass, Spannung, Innovation, und vor allem der unabdingbar wichtigste Faktor für ein erfolgreiches Gericht: Wohlgeschmack.
Als nächstes wird präsentiert, was wie ein ordentliches Stück Knochen mit Mark aussieht. Annonciert wird allerdings eine lackierte Aubergine. Dazu wird der Knochen ausgekratzt und mit einer sehr herzhaften, von der Textur an gebackenes Mark erinnernde Auberginenmasse gefüllt. Das Mark selbst befindet sich in den ausgehöhlten Kartoffelzylindern daneben, die zusätzlich mit etwas Estragon abgeschmeckt werden. Auch wenn die Idee erneut reizvoll ist, ist das Endresultat geschmacklich nicht viel mehr als einfach nur gut.
Zeit für den Hauptgang. Man lässt sich im Tickets wahrlich nicht lumpen und serviert eine sehr frei interpretierte Version des Klassikers Beef Wellington. Statt Rind gibt es eine im ganzen auf dem Grill gebratene Wachtel aus der Bresse, die mit Spinat, Duxelles und einem Wachtelei gefüllt ist. Der für ein Wellington unverzichtbare Blätterteig wird einfach separat aufgetischt. Dadurch ist er natürlich kein bisschen aufgeweicht, sondern luftig und super crunchy. Dazu gibt’s ein wenig gegrillten Kopfsalat und erneut ein Glas meiner neuen Pickle-Favoriten, Piparrak. Der Duft, der sich am Tisch ausbreitet, ist absolut betörend, fast schon berauschend. Dem steht der Geschmack in nichts nach. Trotz der sehr intensiven Grillnote wird der zarte Vogel nicht überlagert. Sein saftiges, delikates Fleisch wird durch die kräftige Röstung sogar noch geschmackvoller und scheint wie gemacht für die Behandlung auf glühender Kohle. Das Beiwerk kann sich ebenfalls sehen lassen und unterstützt die Hauptattraktion bestmöglich. Mit Sicherheit einer der besten Hauptgänge, die ich in jüngerer Vergangenheit gegessen habe.
Beim Käsegang wird wieder kräftig mit beiden Augen gezwinkert und tief in die Trickkiste gegriffen. Der Name “Bikini” sorgt wohl bei vielen Gästen für Stirnrunzeln, ist jedoch nicht anderes als die lokale Bezeichnung für einen gegrillten Schinken-Käse-Toast. Doch mit solchen Banalitäten gibt man sich hier natürlich nicht zufrieden. Den Schinken sucht man vergebens, denn das Fleisch wird mit Trüffeln ersetzt. Diese harmonieren blendend mit dem Coulommiers, einem dem Brie nicht unähnlichen, jedoch wesentlich nussigeren Weichkäse aus der Nähe von Paris. Das Highlight allerdings ist das “Brot”. Es sieht auch bei näherer Betrachtung täuschend echt wie eine Scheibe Toast aus, ist es aber nicht. Es ist eine Meringue von grünem Apfel (!). Unfassbar, wie solche atemberaubenden Techniken im Tickets in absoluter Perfektion vorgeführt werden. Doch mit der Optik alleine ist es nicht getan. Denn wer will nach einem umfangreichen Menü bitte noch ein halbes Sandwich verdrücken? Hiervon könnte man problemlos auch zwei oder drei Stück essen, denn am Gaumen verflüchtigt sich dieser ultra-leichte Snack vermeintlich in Luft und hinterlässt ausser vollem Geschmack kaum Spuren. Einfach nur wow!
Popcorn ist für viele der Inbegriff von Show. Egal ob im Kino, im Zirkus oder im Stadion, die fluffig-knusprig gepoppten Maiskörner sind dabei. Im Tickets werden zu den süssen Popcornkügelchen Eintrittskarten serviert, die dem Gast die Türe in die süsse Welt des Restaurants öffnen. Um die gelungene Überraschung nicht zu verderben, geht’s direkt weiter zum Dessertreigen…
… der mit einer Bernstein Rose eingeläutet wird. Die in einer Vase präsentierte Rose ist mit einer Sphäre von Litschi, Himbeere sowie Rosenwasser belegt, die man idealerweise erst im Mund zerplatzen lässt. Süss, fruchtig und mit präsentem Rosengeschmack. Schön.
Es folgt ein Zitronenkuchen, der dekonstruiert und neuartig wieder zusammengesetzt wird. Das Ganze ist eine Art Semifreddo, bestehend aus einer gestrichenen Cookie-Crème, einem luftigen Zitronen-Basilikum-Marshmallow sowie einem Zitronenzestensorbet. Viel besser kann man diesen Klassiker wohl nicht interpretieren. Enorm leicht, sehr sauer und herrlich erfrischend. Das ist bei der arktischen Kälte rauspeitschenden Klimaanlage eigentlich gar nicht nötig, schmeckt aber einfach verdammt gut. Und weckt die mittlerweile durchaus müden Papillen auch nochmal ein wenig auf.
Unter einem Feigenblatt, das aus einer Lage Nitro-gekühlter Feigenblatt-Eiscreme besteht, liegen frische Feigen und ein Feigenkompott, das mit Amontillado Sherry aromatisiert wurde. Die volle Dröhnung Feigen also. Nicht unbedingt ein Garant, dass mir das gut schmecken wird, da mir Feigen oftmals zu dumpf-süss sind. Diese typische Charakteristik wird durch die Verwendung des Feigenblatts im Eis und die Kühle aufgebrochen, was mehr als willkommen ist und für eine gewisse Balance sorgt. Zusätzlich bringt der Sherry eine trockene Würze rein, die exzellent mit der Frucht harmoniert. In Summe ist mir das aber dennoch immer noch einen Tick zu süss. Diese “Kritik” ist aber lediglich meinem persönlichen Geschmack geschuldet. Freunde der klassischeren Dessertschule werden hieran sicher ihre Freude finden.
Zum satten Rot der Rose kehrt die Küche bei einem Cornet nochmals zurück. Allerdings rührt die Farbe nicht von der Blume her, sondern von der ebenfalls der Rosengewächse entspringenden Himbeere. Sie ist Hauptbestandteil der „Waffel”, die eigentlich eine in Form gebrachte Meringue ist. Darauf liegt ein Sorbet vom Weinbergpfirsich, das wiederum mit einer Himbeersauce übergossen wird. Diese frische Leichtigkeit scheint man im Tickets wirklich gepachtet zu haben. Dazu die opulente, beinahe kitschige Fruchtigkeit, fertig ist der unkomplizierte, aber sehr durchdachte Eisgenuss.
Was aussieht wie ein Stück Weichkäse mit Crackern entpuppt sich selbstredend als etwas ganz anderes. Dahinter verbrigt sich ein Cheesecake mit weisser Schokolade und Haselnüssen. Auch zu diesem späten Zeitpunkt schafft es die Küche noch, zu verblüffen. Der Käsekuchen ist aufgrund der Schokolade etwas zu süss geraten, besticht aber erneut durch eine fast unwirkliche Leichtigkeit und eine luxuriöse Cremigkeit.
Gang Nummer 25 beschliesst das Menü. Wie als Kind auf dem Gang zum Hotel nach einem Strandbesuch gibt’s ein Eis-Sandwich. In diesem Fall hält die Tickets Pâtisserie die Sache auch relativ simpel. Zwei Stroopwaffeln, dazwischen eine Vanillecrème. Das handliche Sandwich geniesst ein kurzes Bad in flüssigem Stickstoff und fertig ist die Glacé-Illusion. Knusprig, karamellig, mit reichlich Vanille. Zutiefst befriedigend.
Albert Adrià hat mit dem Tickets ein waschechtes kulinarisches Theater geschaffen. Das Theater auf dem Teller nimmt dabei einen erfreulich kleinen Teil ein, da die Küche es in den meisten Fällen gut meistert, den Fokus nicht auf die Spielerei oder das Storytelling zu legen, sondern auf das fertige, gut durchdachte, wohlschmeckende Gericht. Naturgemäss funktioniert bei einem solch kleinteiligen Menü nicht jeder Gang gleich gut. Heute Abend waren sogar einige kleinere Enttäuschungen dabei. Bei einer derartigen Menge an sehr abwechslungsreich inszeniertem Essen ist der eine oder andere Lapsus aber auch viel besser zu verschmerzen, als bei einem konzentrierten Menü in sechs Gängen, von denen zwei nicht funktionieren. Im Grossen und Ganzen überwiegen die gelungenen Kreationen jedoch bei Weitem. Sogar einige richtige Höhepunkte - wie die Karotte, der sensationelle Oktopus, die Wachtel sowie fast alle Desserts - sind dabei. Der süsse Abschnitt des Abends beinhaltet zudem zumindest für erstmalige Besucher des Restaurants eine wirklich gelungene Überraschung, die an dieser Stelle auch nicht verraten werden soll. Es bleibt nur ein Fazit: wenn man in Barcelona ist, sollte man einen Besuch im Tickets unbedingt einplanen. Mich wird es auch bei der nächsten Reise in diese wunderbare Stadt wieder in dieses Variété der gehobenen Küche ziehen.
Tickets
Avinguda del Paral·lel, 164
08015 Barcelona
Spanien
(+34) 932924252
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