Sushi Sho (Carl Ishizaki) - Stockholm

In Trance
Um Sushi mache ich in Europa in der Regel einen grossen Bogen. Das letzte Mal, dass ich auf dem alten Kontinent gezielt Sushi essen ging, liegt mit Sicherheit mehr als eine Dekade zurück. Schlechtes Sushi war aus unerfindlichen Gründen zu einem Hype geworden. Gutes Sushi war noch kaum zu finden. Seither hat sich aber einiges getan. In London haben Grossmeister ihre Zelte aufgeschlagen – und teilweise auch bereits wieder abgebaut. In anderen Metropolen wie Paris oder Mailand gibt es besternte Sushiyas. Auch der Begriff Omakase ist zumindest im Fine Dining mittlerweile salonfähig. Aufgrund einer bevorstehenden Reise nach Japan möchte ich vorab unbedingt in den Genuss von vermeintlich grossartigem und authentischem Sushi kommen. Dafür zieht es mich aber nicht in die genannten Weltstädte, sondern nach Stockholm. Genauer in den Stadtteil Vasastan, in Carl Ishizakis Sushi Sho.
Ishizakis Vater ist Japaner, seine Mutter Schwedin. In seiner Familie drehte sich alles ums Essen. Sein Vater hat viel japanisch gekocht, und das Essen ist sowohl seine erste Liebe als auch die wichtigste Verbindung zu seiner Herkunft. Er hatte nie vor, Koch zu werden, wie er mir vor meinem Besuch in einer E-Mail erklärte. Aber als er 1993 mit 19 Jahren ein Praktikum in einem japanischen Restaurant machte, verliebte er sich in den Trubel in der Küche. Nachdem er zuvor in verschiedenen japanischen Lokalen in Stockholm gearbeitet hatte, machte er sich 2014 mit dem Sushi Sho selbstständig. Sein Ziel war es, Sushi aufzuwerten und es näher an seine japanischen Wurzeln zu bringen: authentisches Edomae-Sushi mit möglichst lokalen Produkten, serviert an einem Tresen – ganz wie im Land der aufgehenden Sonne. Mit welchem Ernst und Ansporn Ishizaki seine Vision umsetzte, blieb dem Guide Michelin nicht verborgen, der das Tresenrestaurant 2016 mit einem Stern auszeichnete, den es bis heute hält.
Seit der Eröffnung seines kleinen Restaurants hat er knapp 30 Reisen nach Japan unternommen – nur um Sushi zu essen und zu recherchieren. Er hat in den meisten der höchstbewerteten (Sushi-)Lokale Japans gegessen und auch seine Mitarbeitenden regelmässig mitgenommen, um sich gemeinsam mit ihnen sowohl in der japanischen Küche als auch im Bereich Sake weiterzubilden.
Ishizaki ist bei meinem Besuch nicht anwesend, was ich bereits im Voraus weiss. Für die Küche ist heute sein Partner und Küchenchef Dag Tomac zuständig. Obwohl ich eine gewisse Restskepsis in mir spüre, überwiegt die Vorfreude auf ein hoffentlich grossartiges Mahl, als ich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und eisigem Wind um kurz vor 17.00 Uhr gemeinsam mit einem Dutzend anderer Gäste auf Einlass warte. Abends gibt es im Sushi Sho drei Slots. Dass bereits der frühe Slot an einem Donnerstag ausgebucht ist, gibt mir ein gutes Gefühl. Das Lokal ist schnell bis auf zwei Plätze gefüllt. Die Bestuhlung am Tresen ist eng, der Lärmpegel hoch. Da das Restaurant einzig ein Omakase-Menü serviert, bleibt nur die Entscheidung über die flüssige Begleitung. Auch wenn das Sake-Pairing spannend klingt, entscheide ich mich schlussendlich für eine Flasche La Pellerine der Domaine Labet aus dem Jahrgang 2020. Die superb bestückte Weinkarte (Champagner, weisses Burgund) lässt kaum Wünsche offen.
Der kulinarische Teil des Abends beginnt mit einigen Otsumami (lose aus dem Japanischen übersetzt sind das einfach Snacks). Los geht’s mit Chawanmushi, Kaisergranat und geröstetem Buchweizen. Die Chawanmushi, gerne auch japanischer Eierstich genannt, besteht hier aus gedämpften Eiern und Dashi. Während Dashi, das japanische Äquivalent zum französischen Fond, in der Regel eher leicht, teilweise fast schon flüchtig wirkt, setzt man hier bewusst auf mehr Kraft. Rohe und gegrillte Shiitake bringen reichlich zusätzliche Umamipower ins Spiel. Obenauf liegt Kaisergranat aus Smögen an der schwedischen Westküste, dessen Güte durch seine kühle, maritime Klarheit hier richtig hervorsticht. Dazu der nussige Crunch samt sanfter Röstnoten des Buchweizens – und fertig ist ein scheinbar simples, enorm köstliches Gericht. Die verwendeten Ingredienzien, der Purismus und die technische Akkuratesse setzen auch direkt den Ton für den heutigen Abend. So muss das sein.
Dass Sushi beziehungsweise Sashimi immer vor allem durch Frische glänzen soll, ist ein weitverbreiteter Irrglaube. Ein Paradebeispiel für die Widerlegung ist die nun folgende Hiramasa (Gelbschwanzmakrele) aus Dänemark. Neun Tage wurde der Fisch, eingelegt in Sojasauce und Mirin, gereift. Der geriebene grüne Teil einer Frühlingszwiebel sowie ein klein wenig Saft vom geriebenen Ingwer würzen das Fleisch zusätzlich. Auch wenn sich bei einer solchen Prozedur natürlich der Geschmack des Grundprodukts ändert, geht es nicht vornehmlich darum. Mindestens genauso wichtig ist die veränderte Textur, die eine zusätzliche Genussdimension ermöglicht. In unserer westlich geprägten Esskultur ist bei Fisch und Fleisch vor allem zentral, dass das Produkt «zart» ist – gerade in der gehobenen Küche. Die Freude an unterschiedlichen Texturen (beispielsweise geschmorten Schweineknorpeln oder Sehnen, die man komplett essen kann, oder sehr gelatinösen oder kaubedürftigen Produkten wie Seegurken) ist quasi non-existent. Was sehr schade ist. Denn wie dieses Beispiel eindrucksvoll unter Beweis stellt, ist Geschmack zwar vieles, aber eben nicht alles. Die Grundqualität und geschmackliche Integrität des Fisches bleibt trotz kräftiger Geschmacksträger, in denen dieser eingelegt wurde, erhalten. Dazu gesellen sich nun pointierte salzige und süsse Noten im Fleisch, während die externen Würzelemente für den letzten Kick und die Abrundung sorgen. Beeindruckend.
Es folgt ein vegetarisches Intermezzo. Für den Furofuki Daikon wird japanischer Rettich in gesüsster Dashi geschmort. Spannend ist das sich daraus ergebende Texturspiel. Die äussere Schicht ist weich, dann geht es weiter in Richtung butterzart und schliesslich im Kern mit merklichem Biss. Getoppt wird das Gemüse von Karashi-su-miso, einer hellen Misopaste, aromatisiert mit Senf und Essig. Dazu erneut ein wenig Frühlingszwiebelgrün. Daraus entsteht ein ungewöhnlicher, aber – zumindest in Teilen – dennoch seltsam vertrauter Kosmos. Vollmundig und süss. Würzig und bitter. Mit subtiler Schärfe. Trotz des überraschend süssen ersten Eindrucks: schlussendlich richtig, richtig gut.
Ich sehe, wie Tomac vor mir zwei dünn aufgeschnittene Stücke vom norwegischen Steinbutt durch eine heisse Flüssigkeit zieht, um sie anschliessend in einer Schüssel auf einen Spiegel von gereifter Ponzu (eine Sauce auf Basis von Sojasauce und Zitrusfruchtsaft) zu legen und mit geriebenem Daikon zu drapieren. Das ergibt eine Interpretation des japanischen Shabu Shabu (auch bekannt als Hot Pot oder Fondue). Geschmacklich ist das sehr gut, wenngleich es beim ersten Bissen bereits ein paar Grad unter der Idealtemperatur liegt. Vielleicht hätte der Fisch zwei oder drei Sekunden länger in der Flüssigkeit blitzpochiert werden sollen. Und ich hätte wohl auch mein Foto etwas schneller machen müssen.
Ein Stück weit verspielter wird es beim letzten Tsumami, einem Klassiker des Hauses, der seit 2015 Teil des Menüs ist. Im Detail handelt es sich um in Sojasauce eingelegtes Eigelb, marinierten Blauflossen-Thunfisch (Akami), trocken gerösteten Koshihikari-Reis, Frühlingszwiebel und Okra. Letztere erscheint mir als ungewöhnliche Zutat für die japanische Küche, verbinde ich sie doch eher mit westafrikanischen Gerichten. Doch seit den 1980er-Jahren erfreut sich „Okura“ in Nippon wohl immer grösserer Beliebtheit. In dieses umami-reiche Ensemble passt sie jedenfalls hervorragend. Einerseits durch ihre sanfte Bitternis, die die Dichte von Ei und Fisch etwas aufbricht und dadurch eine gewisse Leichtigkeit verströmt, andererseits durch die Knusprigkeit, die texturelle Abwechslung an den Gaumen bringt. Man könnte vermuten, dass ein repetitives Element wie die Frühlingszwiebel, die bei vier von fünf Snacks verwendet wird, eine gewisse Langeweile aufkommen lässt. Mitnichten. Auf jedem Teller kommt eine andere Facette zum Vorschein. Hier sorgt sie für öffnende Frische und erneut eine ganz subtile Schärfe. Der krachend-knusprige Reis bricht die Opulenz ebenfalls noch ein wenig mehr auf und bringt Abwechslung an den Gaumen. Das ist abermals exzellent.
Die Otsumami waren bereits viel mehr als nur verheissungsvoll. Meine Restskepsis war spätestens beim Hiramasa verflogen. Ich kann es kaum erwarten, bis die Sushi-Abfolge beginnt.
Bevor es zum ersten Nigiri geht, gilt es noch einige Produktfakten zu klären. Der verwendete Bio-Reis ist die Sorte Sasanishiki (eine Hybridzüchtung aus Hatsunishiki und Sasashigure) aus der Präfektur Miyagi. Aromatisiert wird der delikate Reis mit etwas Meersalz und einer Essigmischung aus Komesu (weisser Reisessig) und Akazu (roter Reisessig, der ca. 20 % der Mischung ausmacht) der Manufaktur Yokoi Vinegar Brewing Co., Ltd. Das 1937 gegründete Unternehmen ist der letzte verbliebene Essigproduzent in Tokio und wird gemäss unterschiedlicher Quellen von bis zu drei Vierteln der besternten Sushiyas in Japan genutzt (u. a. vom legendären Meister Takashi Saito, dessen Sushi Saito drei Sterne hielt, aber mittlerweile für Normalsterbliche kaum mehr buchbar ist und deshalb vom Michelin nicht mehr gelistet wird). Der verwendete Wasabi stammt aus Shizuoka. Die Sojasauce ist eine drei Jahre gereifte Koikuchi der Shibanuma-Brauerei, die traditionell im Zedernfass zubereitet wird. Für Sushi und Sashimi wird sie zu einer Nikiri Shoyu verarbeitet, sprich: mit Sake, Mirin und Dashi gemischt. Dies verleiht ihr zusätzliche Komplexität und einen süsslichen Anstrich.
So, jetzt aber zum ersten Nigiri: Suzuki (Seebarsch) aus Schweden. Das Shari (der Reis) ist zwar naturgemäss kompakt, aber nicht fest, dabei dennoch erstaunlich leicht und geschmacklich belebt von einem pointierten Säurespiel. Das kommt auch dem Neta (Fisch) zugute, wird der überaus sanfte Eigengeschmack vom Wolfsbarsch ein wenig akzentuiert. Das Fischfleisch ist zart, aber noch mit angenehmem Biss. Die körperwarme Temperatur ist optimal getroffen, auch die Proportionen sind nahezu perfekt aufeinander abgestimmt. Dieses Stück Nigiri imponiert auf allen Ebenen und ist ganz locker das beste Sushi, das ich bisher in Europa gegessen habe.
Weiter geht es mit Ohyô (Heilbutt) vom Nordkap. Die Textur ist fester und etwas kaubedürftig, was ich grundsätzlich mag. Der Geschmack ist mild und leicht süsslich. Ebenfalls hervorragend.
Amaebi (Eismeergarnele) vom Nordkap markiert eine sanfte, aber gleichwohl merkliche Steigerung in Sachen Intensität. Die Garnele schmeckt nach frischem, mildem Meerwasser und trotz ihrer prononcierten Süsse unheimlich pur. Dazu ist sie trotz ihrer Zartheit knackig, was den Eindruck der Frische verstärkt.
Die sehr enge Sitzordnung veranlasst meinen direkten Nachbarn – einen jungen Medizinstudenten aus Dallas, der erstmals alleine reist und zufälligerweise auf das Sushi Sho gestossen ist – zu vielen Gesprächen. Ich versuche, den Smalltalk höflich zu erwidern, höre jedoch aufgrund der Lautstärke im Lokal generell nicht viel und auch nur mit einem Ohr zu. Vielmehr bin ich fasziniert, beinahe hypnotisiert von Tomacs Bewegungen. Was wie stoischer Gleichmut aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als hingebungsvolle Präzisionsarbeit. Der sichere Griff in den Holzbottich, das Fühlen des Shari in der Hand, vielleicht werden einige Reiskörner zurückgespickt, bis sich die Reismenge für die Auflage genau richtig anfühlt. Gefolgt von einem raschen, aber nicht hektischen Formen, dem bereits optisch eine unverkennbare Zartheit innewohnt, die sich dann am Gaumen widerspiegelt. Unzählige Stunden haben dieses höchst akkurate Muskelgedächtnis geformt. Das ovale Shari ist kompakt, ohne auch nur den Anflug von Schwere. Beim ersten Anheben des fertigen Nigiri wirkt es sogar erstaunlich leicht. Doch zurück zum Prozess. Zielsicher wird nach dem Formen das Neta aufgelegt und vorsichtig, aber bestimmt angedrückt. Die leere Hand wandert flugs zum Pinsel, der in der Sojasauce auf seinen Einsatz wartet. Ein Strich, zwei Striche, dann landet das fertige Nigiri vor mir auf der massiven Servierplatte aus Stein und will möglichst umgehend genossen werden.
Auch die Hotate (Jakobsmuschel) stammt vom Nordkap. Sie kommt in zwei Millimeter dünn aufgeschnittenen Scheiben auf den Reis und bleibt hinter meinen Erwartungen zurück. Ähnlich wie bei der Garnele zuvor schwebt mir eigentlich ein puristisches Meereserlebnis mit inhärenter Süsse und Zartheit vor. Die Muschel ist allerdings ein wenig fester als vermutet und auch nicht ganz so süss. Das ist immer noch sehr gut und besser als die meisten Jakobsmuscheln, die man serviert bekommt, aber nicht die absolute Spitze. Was bei einer solchen Inszenierung auch viel schneller auffällt, als wenn Hitze, Röstnoten, eine Sauce oder dergleichen das Produkt kaschieren können. Natürlich ist das Meckern auf hohem Niveau, aber schliesslich ist das Sushi Sho bereits in Sphären vorgestossen, die ich trotz Michelinstern so nicht erwartet habe.
Das reguläre Menü sieht zwar von der oftmals typischen Thunfisch-Abfolge (Akami, Chutoro, Otoro) ab, doch zumindest ein Nigiri muss natürlich sein. Ein knallrot glänzendes Stück Akami (mageres Fleisch aus dem oberen Rücken des Blauflossen-Thunfischs) vom omnipräsenten spanischen Betrieb Balfegó. Im Gegensatz zu den fettigeren Teilen des Fisches wirkt dieser Schnitt zurückhaltend und fast schon karg. Dennoch zeigt der Fisch einen zarten Schmelz, der durch seine angedeutete Opulenz gleichzeitig gewissermassen verwirrt und betört.
Den Schlusspunkt der Nigiri-Sequenz setzt man mit einem nicht alltäglichen Topping: Engawa (die Flossensehne vom Steinbutt) aus Norwegen. Dabei handelt es sich konkret um die Flossensehne, die den weichen Strahl der Rücken- und Bauchflossen von Plattfischen bewegt. Sie hat eine unvergleichliche, knusprig anmutende Textur, die durch das reichlich vorhandene Kollagen entsteht. Dazu kommt, dass das Stück vor dem Servieren mit einem Bunsenbrenner kräftig abgeflämmt wurde, was Nuancen einer Lagerfeuerromantik entfacht und dem Fisch mehr Komplexität verleiht. Zusätzlich hebt sich dieses Nigiri durch die Verwendung einer anderen Sauce ab: Nitsume. Hierfür wird die Kochflüssigkeit von Venusmuscheln mit Shoyu, Mirin, Sake und einer Prise schwarzem Zucker vermengt. Die Sauce zieht bei niedrigster Temperatur auf dem Herd, bis sie eindickt und leicht karamellisiert. Hier ist nichts nur für die Show, sondern alles für den Wohlgeschmack. Ein vollkommenes, berauschendes Stück Nigiri und mein Favorit.
Nun kommt doch noch der Otoro (fetthaltiger Bauchteil des Blauflossen-Thunfischs) zum Einsatz, jedoch als Teil eines Temaki (Handrolle). Das Fleisch wird zu einem Tatar geschnitten, das lediglich mit Nikiri-Sauce, Wasabi und Frühlingszwiebeln gewürzt in ein Stück Nori aus dem Ariake-Meer (ganz im Süden der Präfektur Saga) eingerollt wird. Das Umami, die Üppigkeit, der Schmelz – all das ist erwartbar herrlich. Ich staune aber am meisten über das Algenblatt, das mit seinem Crunch und der umamireichen Vollmundigkeit völlig neue Genussdimensionen eröffnet. Grossartig.
Eine exzellente Misosuppe, bestehend aus einer Mixtur von Kyoto-Saikyo-Miso und Hatchi-Miso aus Yamanashi, beschliesst das Menü.
Kaum ist der letzte Schluck ausgetrunken, erscheint Nadja Kalm mit einem prächtigen Stück Otoro vor mir. Die Frage, ob ich noch ein bis drei zusätzliche Gänge mit diesem unvergleichlichen Produkt bestellen möchte, nicke ich nur brav ab und signalisiere, dass es alle drei sein sollen. Das frühe Abendessen soll noch nicht enden. Und die Flasche des exzellenten Labet gibt auch noch ein, zwei Gläser her. Zurück zur Hypnosestunde mit Dag Tomac, der mit sicherer Hand und einem Schnitt den im Licht appetitlich glänzenden Thunfischbauch portioniert.
Den ersten Zusatzgang bilden zwei Scheiben Sashimi vom Otoro, jeweils mit einem vorsichtig dosierten Tropfen Nikiri Shoyu beträufelt, daneben ein grosszügiges Klümpchen frisch geriebenen Wasabis aus Shizuoka. Letzterer ist für sich genommen bereits ein Hochgenuss. Eine gewisse Schärfe, ja, aber meilenweit entfernt vom oftmals stechenden, zum Augentriefen verleitenden Kram aus der Tube, der gemeinhin als Wasabi verkauft wird (jedoch zumeist aus Meerrettich, Senf und Zusatzstoffen besteht). Aber auch erfrischend, intensiv floral duftend und leicht süsslich. Der optimale Kontrast zum fetten Fisch, der am Gaumen förmlich dahinschmilzt.
Ein weiteres Nigiri mit Otoro ist ebenso fantastisch und lässt mich die Augen schliessen.
Zum Schluss wird ein Tatar vom Otoro mit Nikiri-Sojasauce, Wasabi, Frühlingszwiebel und Kaviar serviert. Der Schmelz, die mundfüllende Opulenz, die jodige Salinität – ein wahrlich krönender Abschluss.
Während ich mein letztes Glas Wein austrinke, plaudere ich noch ein wenig mit dem Team, um meine Freude über das in allen Belangen aussergewöhnliche Essen unmissverständlich kundzutun. Meine Begeisterung ist gross und lässt auch nicht nach, als ich mir durch die schwedische Polarwindpeitsche zu Fuss den Weg zurück ins Hotel bahne. Es erfüllt mich mit purer Freude, zu wissen, dass es in Stockholm einen kleinen Kreis von Personen rund um Carl Ishizaki gibt, die es sich auf die Fahne geschrieben haben, authentisches Edomae-Sushi nach japanischem Vorbild in den kalten Norden zu bringen. Eine Rückkehr ins Sushi Sho ist nun bei jeder Reise nach Stockholm Pflicht.
La Pellerine 2020, Domaine Labet
Sushi Sho
Upplandsgatan 45
113 28 Stockholm
Schweden
+46 8 30 30 30
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