Verve by Sven (Sven Wassmer) - Bad Ragaz

Das Rundum-Sorglos-Paket wünschen wir uns auf Reisen doch alle. Natürlich soll dieses Paket auch einen gewissen kulinarischen Standard erfüllen - oder im besten Fall übertreffen. Gerade der gastronomische Teil des Hotelangebots wurde viel zu lange stiefmütterlich behandelt. In den letzten Jahren hat diesbezüglich ein Wandel stattgefunden. Schliesslich kann man mit einem hochwertigen Restaurant-Angebot dafür sorgen, dass sich alle Gäste angesprochen fühlen und keiner mehr das Hotel verlassen muss oder will. Somit bleibt auch jeder Ferienfranken im eigenen Betrieb. Win-Win wie aus dem Bilderbuch.
Diese Erkenntnisse wurden beim Umbau des Quellenhof im Grand Resort Bad Ragaz in die Praxis umgesetzt. Anstatt Sven Wasser nur für das Prestigerestaurant Memories (zum Bericht) zu engagieren, übertrug man ihm auch die kulinarische Leitung des Hotel-Restaurants und nannte es direkt Verve by Sven. Damit auch jeder Gast weiss, dass man hier nach Höherem strebt, als dem Einheitsbrei aus den vielen Hotelküchen dieser Welt. Man hat sich auf die Fahne geschrieben, vornehmlich auf lokale Produkte zu setzen und versucht dabei ebenfalls dem immer grösser werdenden Bedürfnis nach gesunder Küche gerecht zu werden. Dass man im Verve probiert einiges anders zu machen, zeigt bereits ein Blick in die Karte. Ein grosser Teil der Gerichte bewegt sich abseits lang und breit ausgetretener Pfade. Erspäht man dann doch sowas klassisches wie ein Tatar, lässt die Herkunftsbezeichnung des Rinds sowie die spannend klingende Einfassung zumindest einen erhöhten Anspruch durchblicken. Dazu hält die von Wassmers Frau Amanda kuratierte Weinkarte reichlich Entdeckenswertes aus den gut bestückten Kellern bereit. Auch im Offenausschank. Mal sehen, wie sich das ambitionierte Konzept auf den Tellern niederschlägt, für deren Ausführung sich Küchenchef Sebastian Titz verantwortlich zeichnet.

Gestartet wird mit einem Donut aus Geflügelleberparfait mit Portweingelee, roter Zwiebel, Essiggurke und Dörraprikose. Der optisch (vor allem farblich) etwas gewöhnungsbedürftige Ring erscheint ziemlich mächtig und etwas zu grosszügig portioniert für eine Vorspeise. Doch diese klassische Kombination aus luxuriöser Leber, Süsse (Port) und Fruchtigkeit (Dörraprikose) wird durch die leicht scharfe Zwiebel und die pointierte Säure der Gurke so gut ergänzt, dass man dann doch nicht widerstehen kann und brav alles aufisst.
Aufessen ist beim Sellerie mit Tanne und Kräutern kein Thema. Im Gegenteil mache ich mir hier ernsthafte Gedanken, ob ich dieses vegetarische Wunderwerk nicht gleich nochmal bestellen soll, so gut schmeckt diese Kreation. Dabei ist es denkbar simpel. Der bescheidene Sellerie wird in seine Einzelteile zerlegt und vielfältig inszeniert, damit seine zahlreichen Facetten optimal zum Vorschein kommen. Ein Tannenöl bringt eine gewisse Herbheit sowie eine mystische Komplexität ins Spiel, während die Kräuter für zusätzliche Frische sorgen. Ein absolut perfektes kleines Gericht, das man auch den Gästen drüben im Memories vorsetzen könnte.

Der Wolfsbarsch mit Sauerkraut, Speck und Kartoffel las sich auf dem Menü so einladend rustikal, dass ich ihn unbedingt probieren wollte. Auch wenn dieses Urige zweifellos noch vorhanden ist, so merkt man doch, dass hier nicht einfach ein x-beliebiger Koch vom Gefühl übermannt wurde, ein wenig kreativ zu werden. Das hat Hand und Fuss sowie durchaus auch Raffinesse. Sehr schön.
Der Gegenentwurf zur währschaften Rustikalität ist der Saibling mit Sanddorn, Karotte, Mandel und Schnittlauch. Die Aromenwelt, in die der saftige Fisch eingebettet ist, zeigt sich sehr vielschichtig und durch den exzellent dosierten Einsatz des Sanddorns auch angenehm fordernd. Man läuft aber zu keiner Zeit Gefahr, zu kopflastig zu werden, da der Wohlgeschmack immer im Vordergrund steht. Dennoch überraschend und vor allem verdammt lecker.

Vom Memories Team ist nicht nur Sven Wassmer als namensgebender Chef im Verve vertreten, sondern auch sein Pâtissier Andy Vorbusch. Seine erste Kreation ist ein Cheesecake im Glas mit Zimtblüte und Pflaume. Zimtblüte kann bei aller Eleganz und Wärme schnell alles überlagern. Hier ist sie jedoch perfekt eingebunden und umschmeichelt die Pflaume, bei gleichzeitiger Akzentuierung der Frucht. Passt perfekt zum luftigen Cheesecake, mit seiner feinen Säure.
Noch besser ist Milch, Spekulatius, Meringue und Apfel. Ein ähnliches molliges Weihnachstgefühl wie beim Cheesecake wohnt auch dieser Kreation inne. Die Umsetzung allerdings fällt nochmals um einiges elaborierter aus. Angefangen bei der beschwingten Leichtigkeit, über die akkurate Feinjustierung und das daraus resultierende, fast perfekte Zusammenspiel der einzelnen Komponenten, die ein sehr rundes, harmonisches Ganzes bilden, dem es trotz aller Gefälligkeit nicht an Spannung fehlt. Ähnlich dem Sellerie zuvor, würde man sich im Memories wohl auch über diesen Gang nicht beschweren. Exzellent!

Ich hegte zwar durchaus Hoffnung auf einen gelungenen Lunch, doch dass er so gut sein würde, hatte ich nicht erwartet. Dass das Verve by Sven nicht einfach irgendein liebloses Hotelrestaurant ist, zeigte bereits der erste Blick in die Karte. Burger, Schnitzel und Clubsandwich sucht man hier vergebens. Man linst nicht nur über den Tellerrand hinaus, sondern definiert das angestaubte, austauschbare Essen im Brot-und-Butter-Lokal eines Fünf-Sterne-Hauses teilweise neu. Man setzt grösstenteils auf sehr gute lokale Erzeugnisse, ohne total dogmatisch zu sein, wie beispielsweise der Wolfsbarsch zeigt. Und wenn sich doch mal ein vermeintlicher Klassiker wie ein Tatar oder Chicken Nuggets auf dem Menü wiederfindet, werden diese Gerichte durch einen kleinen kreativen Twist, die schiere Qualität der Zutaten sowie die sorgfältige Zusammenstellung und technische Ausführung aus der Langeweile in ein modernes, der Linie des Restaurants entsprechendes Gewand gekleidet. Fast alles im Verve strahlt Liebe zum Detail aus und den Wunsch, die Dinge einfach ein wenig anders als anderswo zu machen. Dies, ohne den Gast damit zu überfordern oder das Gefühl zu erwecken, dass man bevormundet wird.
Das Restaurant macht seinem Namen alle Ehre, in dem man eine beschwingte, moderne Leichtigkeit in der Vordergrund stellt, und qualitativ hochwertiges Essen serviert. Übrigens lohnt auch das Frühstück, das ebenfalls im Verve serviert wird. Ist man mal im Grand Resort Bad Ragaz zu Besuch, gibt es während des Aufenthalts keinen Grund, das Hotel zu verlassen.


Verve by Sven
im Grand Resort Bad Ragaz
Bernhard-Simonstrasse
7310 Bad Ragaz
Schweiz
+41 (0)81 303 30 35
Website


Unser Besuch wurde vom Restaurant unterstützt. Informationen zu unserem Umgang mit Pressekonditionen findest du in den FAQ.