MAST (Martin Schmid) - Wien

MAST (Martin Schmid) - Wien

Wenn der ehemalige Sommelier des besternten Tian, derjenige des spektakulären Loft sowie der Ex-Küchenchef des mit 18 Gault&Millau Punkten ausgezeichneten Döllerer gemeinsame Sache machen, ist das Rauschen im Blätterwald gross. Verständlicherweise, ist man geneigt zu sagen. Denn ein Joint Venture dieser Art gibt es schliesslich nicht alle Tage. Auf meiner jüngsten Reise in die österreichische Hauptstadt ist ein Besuch also quasi Pflicht. Deshalb mache ich mich einige Wochen nach der Eröffnung auf ins MAST, in den 9. Wiener Gemeindebezirk, der im nördlichen Zentrum Wiens liegt. Der Taxifahrer muss mehrmals nachfragen, wie genau das Lokal heisst, in das ich möchte. Selbst mit genauer Adressangabe fährt er noch dran vorbei. Nach dieser kurzen Irrfahrt stehe ich nun aber endlich im Weinbistro MAST, dem Baby von Matthias Pitra, Steve Breitzke und Küchenchef Martin Schmid. Ich setze mich an einen der skandinavisch inspirierten Hochtische im stylish-nüchtern eingerichteten Lokal und warte auf den ersten Schluck, den die beiden Somms einschenken. Schliesslich ist der Wein hier mindestens genauso wichtig wie das Essen.

Als Aperitif wird ein erfrischender Cidre aus der Normandie serviert, "This Side Up" von Cyril Zangs. Dazu gibt es einen ersten Snack: Grissini, Crème fraîche und Schnittlauch
Zum nächsten Wein, dem La Fino Bota 54 Equipo Navazos Sherry aus Andalusien, werden Sardinen mit getoastetem Brot und Salat sowie Tomaten mit Physalis und Gegenbauer Rieslingessig serviert. Ein feiner, unaufgeregter Start.

Zum fantastischen 2006er Ex Vero II Werlitsch von Ewald Tscheppe aus der Südsteiermark gibt es zuerst etwas Öfferl Brot von Madame Crousto und Rohmilchbutter, dann wird eine Trilogie aufgetischt: Grüner Spargel mit Kernen und Parmesan, Forelle mit Kohlrabi und Eiskraut und Melanzani mit Paprika und Minze. Alle Gerichte sind nur zart gewürzt, was natürlich einerseits dem Produkt Raum zur Entfaltung lässt, andererseits auch dem Wein ein gewichtige Rolle einräumt. Denn mit dem Wein werden die leisen Kompositionen erst so richtig spannend.

Nun folgen einige etwas gehaltvollere Gerichte. Beginnend mit einer Zander 'Ceviche', Avocado und roter Zwiebel, die begleitet wird vom 2014er Chenin Blanc Les Noëls de Montbenault von R. Leroy von der Loire. Eine kühle, elegante Kombination. Lediglich die nicht ganz reife Avocado trübt den Genuss ein ganz kleines bisschen.
Weiter geht's mit Lauch, Miso, Erdnuss und Senfsalat. Dazu im Glas der 2014er Arbois Blanc von Bruyère & Houillon aus dem französischen Jura. Was für eine grandiose Kombination! Es ist beeindruckend, wie Pitra und Breitzke die Weine auf die abwechslunsreichen Gerichte Schmids abstimmen.
Ganz ohne Wein wird das Pulled Pork mit Brot, Senfmayo und Vogerlsalat serviert. Dafür gibt's eine Upa Bier von Uli Beck aus dem Burgenland. Die Interpretation des momentan omnipräsenten Pulled Pork ist vor allem dank des fantastischen Brots sehr gelungen. Martin Schmid bleibt seiner Linie treu und würzt zurückhaltend und mit wenig Salz. Ein Umstand der mir gut gefällt, wenngleich der Wein (oder das Bier) dem Essen erneut die Show stiehlt.

Als ersten Hauptgang serviert Schmid ein geschmortes Schweinsbackerl, Eierschwammerl und Spitzkraut. Ein Rundum-Wohlfühl-Gericht, bei dem einfach alles richtig gemacht wurde. Zum gesteigerten Genuss trägt auch der exzellente Lopez de Heredia Vina Tondonia Crianza 6 Anos Rioja aus dem Jahr 1983 bei. Wahnsinn, wie jugendlich dieser 34 Jahre alte Rotwein noch wirkt. Ein Monument. 
Glaciertes Kalbsbries mit Mark-Erdäpfeln und Zwiebel kann es in Sachen Qualität leider nicht mit seinem Vorgänger aufnehmen. Das Bries, mein liebstes Stück vom Kalb, weist eine leicht unangenehme, schleimige Textur auf, die dieser Delikatesse bei unsachgemässer Zubereitung innewohnen kann. Auch die Beilagen tragen hier leider nichts zum besseren Gelingen bei. Ebenso wenig wie der 2015er Les Tabenaux von Benoit Courault von der Loire. Schade, aber natürlich kein Beinbruch.

Ganz fantastisch dafür der Bergkäse mit Zwiebelchutney und Heurigen, der vom 2013er Vitovska T von Paolo Vodopivec aus Karst in Slowenien begleitet wird. Ich bin so einfach zufriedenzustellen. Perfekt gereifter Käse, ein passender, ausdrucksstarker Wein dazu, mehr braucht es wirklich nicht.
Ebenfalls sehr gut ist die Mascarponecrème mit Ribiselkuchen und Minzpesto. Ein frischer, cremiger Abschluss dieses Lunchs. Breitzke serviert dazu erneut keinen Wein, sondern eine passende, hausgemachte Ribisel-Granatapfel Limonade. Lecker.

Im MAST ein paar kurzweilige Stunden zu verbringen, wird einem durch das Team ganz leicht gemacht. Relaxte Atmosphäre, nette Gastgeber und, natürlich, ausgezeichneter Wein, wohin das Auge schaut. Die Küche von Martin Schmid überzeugt grösstenteils ebenfalls, muss in meinen Augen jedoch noch einen Gang zulegen, damit sie nicht ausschliesslich als Begleitung zum Wein wahrgenommen wird. Doch nach den heutigen Eindrücken zu urteilen wird Schmid das sicher problemlos schaffen. Das MAST ist jedenfalls ab sofort fix in meinen Orten verankert, ohne die eine Wienreise nicht mehr denkbar ist. Bis bald!


MAST
Porzellangasse 93
1090 Wien
Österreich
+43 1 9226679
Website


Mein Besuch wurde vom Restaurant unterstützt.