Stucki (Tanja Grandits) - Basel
Mein erster Besuch bei Tanja Grandits im Stucki (damals noch 1 Michelin Stern / 17 Gault Millau Punkte) hinterliess tiefe Spuren. Ich war begeistert von den teilweise ungewöhlichen und warmen Aromenkombinationen. Die Teller hinterliessen auch optisch Eindruck, da jedes Gericht immer einem Farbschema folgt. Sehr ungewöhnlich und sehr ansprechend. Mein zweiter Besuch, als Frau Grandits gerade zur Köchin des Jahres im Gault Millau gewählt wurde und auf 18 Punkte sowie auf 2 Michelin Sterne aufstieg, verlief etwas weniger glücklich. Zugegeben, meine Erwartungen waren hoch. Dessen ungeachtet funktionierten einige Gerichte für mich einfach nicht. Die Kombinationen wirkten teilweise erzwungen und nicht schlüssig (ein Eigelb mit Ananas Polenta ist dabei besonders negativ in Erinnerung geblieben). Der Wohlgeschmack litt. Und nur um den Wohlgeschmack sollte es schliesslich gehen. Umso gespannter war ich auf den heutigen Abend.
Tapioka Crisp mit Berner Oberländer Käse und weisser Rübencreme
Tanja Grandits serviert keine Armada an Amuse Bouche, sondern genau eines. Das kann man gut oder schlecht finden. Das heutige Amuse ist einfach. Einfach knusprig, süffig und schnell vergessen.
Erbsen, Meerettich Jus, Minz Samosa, Kaffir Öl
Gibt es etwas besseres als frische Erbsen? Nein, definitiv nicht. Die Erbsen sind gut, wenn auch nicht spektakulär. Den Meerettich schmecke ich nicht im Jus, der aber dennoch lecker und erfrischend ist. Das Samosa ist delikat. Das Kaffir Öl subtil. Ein leiser aber gelungener Start ins eigentlich Menu.
Bachforelle Gomasio Tatar, Sesam Kohlrabi, Sake Gel
Leise geht es weiter. Der Kohlrabi ist ausgezeichnet. Der Fisch ist relativ geschmacksneutral und das Gomasio (Sesamsalz) praktisch nicht zu erschmecken. Das Sakegel erkenne ich lediglich optisch als durchsichtige Masse. Abgesehen vom Kohlrabi ein enttäuschendes Gericht. Zum Glück wird es das einzige des Abends bleiben.
Langustine, braune Zimtbutter, Röstrüebli, Basmati Krokant
Das Menu nimmt fahrt auf. Eine gegrillte Langustine wird von einer sensationellen und intensiven "Röstrüebli-Paella" sowie einer dezenten Zimt-Beurre Noisette komplementiert. Dazu ein angenehmer Crunch vom Basmati Krokant. Das Highlight des Abends. Durch und durch Tanja Grandits. Kraftvoll und doch subtil. Leise und laut. Wohlgeschmack par excellence.
Morchel, Oolong Essenz, Wildkraut Spinat, Tee Tapioka
Subtil ist das Wort des Abends. Nicht in einem negativen Sinn. Viele Gerichte haben eine japanische Zurückhaltung inne. So auch dieses. Man muss sich Zeit nehmen um die einzelnen Nuancen zu erhaschen. Die investierte Zeit lohnt sich. Dezent bitter, erdig, grün. Essen für fortgeschrittene.
Gurken, Joghurt, grüner Wacholder, Pistazien Granola
Das ist mal ein gelungenes Intermezzo. Leicht und frisch, sanft ätherisch. Ich bin gar kein Freund von Palate Cleansern. Der einzige wirklich gute Palate Cleanser, den ich bis jetzt geniessen durfte, war das Champagner Crèmesorbet von Sven Elverfeld. Das hier steht nicht ganz auf einer Stufe mit dem Klassiker aus dem Aqua in Wolfsburg. Dennoch ein unkomplizierter und erfrischender Genuss.
Berglamm, Safran Honig, Kichererbsen Polenta, Zitronen Rettich
Ein so überzeugendes Hauptgericht habe ich schon länger nicht mehr gegessen. Das Lamm aus dem Berner Oberland gehört zum Besten, das ich jemals gekostet habe. Lamm wird in der Spitzengastronomie sowieso viel zu selten aufgetischt. Warum? Ich erinnere mich an ein Dreierlei vom Lamm bei Marcus G. Lindner, damals noch im Mesa in Zürich, bestehend aus Kotelett, Nierstück und Wurst. Diese Lammwurst hat sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt. Wurst, auch eine selten aufgetischte Freude im gehobenen Segment. Aber ich schweife ab. Wie gesagt, das Lamm ist sensationell gut. Intensiv fleischig und leicht nach Weide schmeckend. Wunderbar. Den Safranhonig schmecke ich nicht heraus, ich bin jedoch sicher, dass das Gericht ohne ihn schlechter wäre. Die Kichererbsen Polenta ist süffig und herzhaft und passt ideal zum Lamm. Der Zitronen Rettich macht diesen Teller erst perfekt. Leicht säuerlich und knackig komplementiert er die schweren Hauptprotagonisten ideal. Wundervoll.
Ziegenkäse, Veilchen Essig, Blaubeer Pickles, Chia Kompott
Meine Begleitung hat sich für einen Käsegang entschieden und dafür auf den Käse vom Wagen verzichtet. Anscheinend ein Fehler. Ich habe den Käsegang nicht probiert. Anscheinend habe ich aber auch nichts verpasst.
Käse vom Wagen, Dattel Baumnuss Brot, Mango Senf
Die Käseauswahl überzeugt. Bestens gereifte und temperierte Erzeugnisse aus der Schweiz und aus Frankreich finden sich auf meinem Teller wieder. Die Highlights bilden ein wunderbar intensiver Reblochon und ein mir bis jetzt unbekannter Le Timanoix. Das Walnussaroma bei letzererm ist verblüffend.
Spargel Zitronengras Sorbet, Sauerampfer Crème, Brioche Crunch
Ein Dessert nach meinem Geschmack. Nämlich nicht nur süss. Sondern süss, sauer, erdig, crunchy, frisch. Ein richtige Freude, die den bevorstehenden Sommerstart vorweg nimmt.
Rhabarber, Quinoa Mousse, Kokos Merengue, Hibiskus Lassi
Abgesehen davon, dass die Kokos Merengue relativ geschmacksneutral sind, ist es ein gutes Dessert. Das Hibiskus Lassi ist sogar hervorragend. Ein angenehmer Abschluss des eigentlichen Menus.
Nun folgen noch einige Mignardises. Allesamt schmackhaft. Das beste davon eine Art Schoko-Nuss-Crunch-Gebilde. Das Stucki hat mich heute Abend wieder zurück gewonnen. Abgesehen von der Bachforelle, waren alle Gerichte auf gutem bis sehr gutem Niveau. Die Langustine und das Lamm boten sogar veritable Höhepunkte. Tanja Grandits kocht völlig eigenständig und dies meist äusserst schmackhaft und imaginativ. Ein Besuch in Basel ist einen Umweg wert. Ich komme wieder.
Restaurant Stucki
Bruderholzallee 42
4059 Basel
Schweiz
+41 (0)61 361 82 22
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