Steinhalle (Markus Arnold) - Bern

Steinhalle (Markus Arnold) - Bern

Obwohl Bern als Haupt- und somit Diplomatenstadt naturgemäss internationales Flair verströmt - auf sehr charmante und zurückhaltende Weise, versteht sich - konnte man ihr in der Foodszene bis vor wenigen Jahren nicht unbedingt nachsagen, einen Trip wert zu sein. Mittlerweile lohnt sich ein Ausflug ins politische Herz der Schweiz nicht mehr nur wegen der bezaubernden Stadt selbst, sondern auch, um die spannende kulinarische Welt zu erkunden, die sich hier zwischenzeitlich entwickelt hat. Massgeblich dazu beigetragen hat Markus Arnold. Im Meridiano in Bern (dessen Besuch sich dank des sehr talentierten aktuellen Küchenchefs Fabian Raffeiner immer noch lohnt) hat sich der ambitionierte Arnold in der Schweiz erstmals einen Namen gemacht und einen Michelin Stern erkocht. Nach seinem Abschied widmete er sich mehreren sehr erfolgreichen Pop-Ups, bevor er im Spätsommer 2017 in der Steinhalle wieder sesshaft wurde und sein erstes eigenes Lokal eröffnete. Untergebracht in einem Seitenflügel des Bernischen Historischen Museums lebt Arnold in sehr stylischer Grossstadtatmosphäre zwei verschiedene Konzepte. Mittags gibt’s jeweils Easy Lunch mit Ramen, Burger, Quiche und Co. Abends verwandelt sich die Steinhalle in einen Casual Fine Dining Spot mit ständig wechselnden Themen. Die koreanische Küche wurde ebenso bereits abgehandelt wie New York City oder aktuell zur Jahreszeit passend ein Menü, das sich Spargeln widmet. Bei meinem Besuch ist französische Küche angesagt. Ein breitgefächertes Metier, welches mit dem Chef aber gut vertraut ist, hat er doch auch mal in der zweifach besternten Domaine de Châteauvieux gearbeitet. Ich verbringe meinen Besuch direkt am Tresen der offenen Küche, wo ich das konzentrierte Treiben der Köche beobachten kann.

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Arnold legt mit einem Oeuf Surprise los. Die Überraschung besteht aus geräuchertem Egli, der sich im fluffigen Ei versteckt. Ein unkomplizierter Auftakt, der sich aber nicht nur auf seinen gefälligen Umami-Noten ausruht, sondern die Papillen dank der exzellenten Würzung sowie der leicht knackigen Schnittlauchröllchen obenauf auch ein wenig fordert.

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Frisée, Steinpilze und Champignons sind die Protagonisten des nächsten Tellers. An dieser Stelle muss mal eine Lanze für Salat in der gehobenen Küche gebrochen werden. Hinter diesem weitgefassten Begriff verstecken sich so viele Köstlichkeiten. Egal ob simpler Kopfsalat mit einem knackigen Dressing, Castelfranco zu einer Taubenbrust, gegrillter Lattich oder eben wie in der Steinhalle der Frisée mit Pilzen. Kaum ein Produkt ist so vielseitig einsetzbar. Verbunden werden die meisten Variationen durch ihre knackige Frische und eine mal mehr mal mal weniger ausgeprägte Bitterkeit. Genau diese Attribute machen sie zum perfekten Gefährten für die fleischige, kräftige Pilztartelette. Sie bricht quasi die Üppigkeit und macht das Ganze schön rund. Exzellent!

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Weiter geht’s mit Bio Lachs aus Schottland, Beurre Blanc und Fenchel. Diese Beurre Blanc hat sich ihren Namen redlich verdient - die Küche spart definitiv nicht am golden schimmernden Geschmacksträger, der sich wie ein Film über Lippen und Gaumen legt und dabei die volle Dröhnung Geschmack entfaltet. Denn neben ihrem eigenen Aroma transportiert die Sauce natürlich auch dasjenige des Fenchels und des Fischs. Letzeren hätte ich übrigens trotz der tadellosen Qualität gar nicht gebraucht. Sauce mit Fenchel und ein paar Stücke Brot zum Tunken hätte schon gereicht. Zum Reinsetzen gut.

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In eine sehr ähnliche Kerbe schlägt die Jakobsmuschel mit Hummerbisque und Lauch. Im Gegensatz zum vorherigen Gang funktioniert das Konstrukt in diesem Fall aber nicht ganz so gut. Dies liegt vor allem an der Bisque, die zu intensiv ist, als dass die Muschel, trotz ihrer kräftigen Röstnoten, dagegen ankommen könnte. Hinzu kommt, dass die Bisque insgesamt etwas zu süss geraten ist. Ein Eindruck, der durch den Lauch zusätzlich verstärkt wird. So bleibt das in Summe ein eher eindimensionaler Teller.

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Als Hauptgang wird ein Poulet Suprême mit Schwarzwurzel und Trüffel serviert. Bereits der Duft kündigt an, dass dieser Gang richtig, richtig gut sein könnte und bereits der erste Bissen bestätigt die Annahme: dieser Teller ist verdammt gut. Zarte Geflügelbrust, überglänzt mit einer gehaltvollen, wunderbar cremigen Supreme. Dazu die erdige, leicht bittere Süsse der immer noch oft unterschätzten und viel zu selten auftauchenden Schwarzwurzel und der luxuriöse, vielschichtige Tuber. Ich wünsche mir eine viel grössere Portion oder einen Nachschlag, so gut ist das. Doch in wenigen Stunden wartet bereits der nächste Tisch. Darum belasse ich es dabei, den Teller mit den Finger blank zu säubern.

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Als Erfrischung wird etwas geschickt, was ich nach einem kurzen Hype vor einigen Jahren eigentlich bereits tot geglaubt habe: ein Rotweinsorbet. Und zwar das mit Sicherheit beste Exemplar, das ich jemals vorgesetzt bekommen habe. Schmeckt zu meiner Überraschung wirklich ziemlich gut und wäre sogar nachschlagwürdig.

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Modern interpretiert wird der Klassiker Belle Hélène. Unter der Kuppel versteckt sich das gesamte Arrangement, welches man mit einem beherzten Schlag freilegen muss. Bilder vom dezenten Schokoladen-Chaos, das ich auf dem Tresen angerichtet habe, spare ich an dieser Stelle aus. Aus dem Durcheinander auf dem Teller lassen sich nun prima schmackhafte Löffel basteln, bei denen oftmals die Schokolade ein wenig Überhand zu nehmen scheint. Um den Death by Chocolate zu vermeiden, muss man die Splitter vorsichtig dosieren. Abgesehen davon ein hervorragendes Dessert.

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Hallo Soufflé! In der Steinhalle wagt man sich auch an die vermeintliche Königsdisziplin des Backens. Verfeinert wird das nur leicht schiefe, aber perfekt aufgegangene, gleichzeitig luftig und saftige Gebilde von Passionsfrucht und Mango. Herrlich leicht und frisch, dabei richtig satt im Geschmack. Zum Schluss setzt die Küche nochmal ein dickes Ausrufezeichen!

Konzeptionell dürfte die Steinhalle in der Schweiz ziemlich einmalig sein. Restaurants, die mittags einen Casual Ansatz fahren und abends erst zum Fine Dining Lokal mutieren gibt’s natürlich viele. Doch eines, dass dann im Fine Dining Gewand auch noch alle paar Monate komplett das kulinarische Konzept über den Haufen wirft und dadurch konstant etwas Neues bietet, wohl nicht. Solch ein Konzept könnte natürlich gründlich schiefgehen, doch Markus Arnold weiss genau, was er tut. Das haben er und sein Team heute eindrucksvoll bewiesen. Alles in der Steinhalle hat Hand und Fuss. Die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen kulinarischen Thema erfolgt dabei nicht nur einfach oberflächlich. Arnold taucht in die Materie ein, um seinen Gästen das bestmögliche Esserlebnis bieten zu können. Der Anspruch an sich selbst und seine Küche ist gross, das merkt man bei jedem Teller, sei er auch noch so unscheinbar. Diese Akribie äussert sich übrigens auch mittags beim Easy Lunch. Der Cheeseburger beispielsweise ist grossartig und die Hokkaido Ramen meiner Meinung nach die beste Schüssel dieser japanischen Nudelsuppe, die man hierzulande bekommen kann. Ich komme auf jeden Fall wieder. Mittags und abends.


Steinhalle
Helvetiaplatz 5
3000 Bern
Schweiz
+41 (0)31 351 51 00
Website


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