Rigiblick Spice (Dennis Puchert) - Zürich
Ein Restaurant mit Aussicht. Ich wundere mich eigentlich schon bei meiner eher kurzfristigen Reservation, dass es überhaupt noch einen verfügbaren Tisch für Kurzentschlossene frei hat. An einem schönen, heissen Tag. An einem Tag, an dem fast die ganze Schweiz nicht arbeiten muss. Nun denn, mir ists natürlich recht. Ich hatte das Rigiblick Spice schon länger im Hinterkopf, entsprechend gross war die kurz währende Vorfreude.
Wie beinahe schon üblich, komme ich einige Minuten zu früh im Spice an. Im Restaurant ist nicht aufgedeckt und es ist auch niemand da, um mich zu empfangen. Also mal einen kurzen Blick auf die Terrasse mit Aussicht riskieren. Schön. Und es ist aufgetischt. Als dann jemand vom Service auftaucht, frage ich, ob ich auch drinnen essen kann. Man erklärt mir, dass man entweder drinnen oder draussen serviere. Aha. Die Aussicht scheint im Konzept des Restaurants einen wichtigeren Platz einzunehmen als das Essen. Mein Tisch auf der Terrasse bietet dann auch eine schöne Aussicht auf die Rigi und Teile Zürichs. Nur ist mir der Ausblick beim Besuch eines solchen Restaurants (1 Michelin Stern, 15 Gault Millau Punkte) eigentlich herzlich egal. Ich widme ich mich lieber einem erfrischenden Aperitif und der Karte. Kurz nachdem meine Bestellung aufgenommen wurde, gehts mit den Amuse los, die alle gemeinsam aufgetischt werden.
Currysüppchen, Crevette / Shiitake, Koriander, Papaya / Gin Sour, Granny Smith / Karottentatar, Ingwer, Kaffee
Abgesehen vom Shiitake Bällchen mit Koriander und Papaya, welches nach gar nichts schmeckt, sind die anderen Petitessen ok bis gut. Positiv zu erwähnen ist die gebackene Crevette und der Gin Sour.
Feta, Rucola, Erdbeere
Ein weiterer Gruss aus der Küche. Ob die bei mir geweckte Assoziation zur Sauce des grossen Mac vom gelben M wohl gewollt war?
Wachtel, Sellerie, Preiselbeeren
Der Funke will nicht so recht überspringen. Bis auf eine (mühsam zusammengebastelte) Gabel schmeckt dieser Teller relativ eindimensional. Schade.
Taschenkrebs, Blumenkohl, Fenchel
Eine leichte Steigerung. Ich frage mich nur, warum alles auf diesem Teller kalt serviert wird? Meiner Meinung nach, hätte das eine oder andere temperierte/warme Element durchaus zu mehr Wohlgeschmack führen können. Negativ fiel vor allem eine Sphäre mit, natürlich kaltem, Blumenkohlwasser auf. Über Sinn oder Unsinn einer Sphäre zu diskutieren liegt mir fern. Ich kann aber mit Sicherheit sagen, sich explosionsartig im Mund verbreitendes, kaltes Blumenkohlwasser schmeckt einfach nicht.
Kalbshaxe, Entenleber, Himbeere
Auf dieses Gericht bin ich, trotz meiner seit einiger Zeit andauernden Foie-Müdigkeit, durchaus gespannt. Aber auch hier verspricht die Optik, wie bei allen Tellern zuvor, mehr als der Geschmack halten kann. Vor allem die einzelnen Produkte enttäuschen und sind allesamt ziemlich "neutral" im Geschmack. Schade. Eine durchaus interessante Idee.
St. Pierre, Eierschwämmli, Andenkirsche
Das stimmigste Nicht-Dessert des Abends. Am Tisch wird noch ein Gurkensud angegossen, welcher eine willkommene, das Gericht um eine frische Komponente erweiternde, Facette beisteuert. Aber leider muss ich dennoch erwähnen, dass ein von mir kürzlich in einem nicht allzu weit entfernten Delikatessengeschäft gekaufter St. Pierre, eine merkbar höhere Qualität aufwies als das hier servierte Exemplar.
Ormalinger Jungschwein, Pulpo, Tomate
Das Schwein ist tadellos. Fleisch saftig, Schwarte knusprig. Der Pulpo ist nicht der Rede wert. Die Tomate erinnert in Präsentation und Geschmack an Tomatenmark. Kombiniert mit weissen Bohnen, kommt unweigerlich die Erinnerung an alte Italowestern hoch.
Curryglace, Kokosnuss, Ananas
Das Pré-Dessert ist das Highlight des Abends. Erfrischend exotisch.
Schokolade, Kirsche, Estragon
Optisch, wie alle anderen Teller, durchaus ansprechend. Ansonsten ziemlich eindimensional süss, trotz des Estragon.
Kaffee, Vanille
Auch beim letzten Dessert kann der erneut sehr süsse Gesamteindruck leider kein erhofftes Highlight mehr setzen.
Es werden noch 3 Friandises aufgetischt, welche allesamt keine Freude mehr verbreiteten. Dieser Bericht liest sich relativ negativ. Das Essen war keineswegs schlecht. Kein Gericht, abgesehen vom Shiitake-Bällchen und dem Tomateneis, hinterlässt bleibende negative Eindrücke. Jedoch gab es auch keinen Teller, der positiv in Erinnerung bleibt. Die Ideen sind durchaus interessant. Zwei grosse Kritikpunkte liessen jedoch niemals richtige Freude aufkommen. Die servierten Produkte waren allesamt nicht von der höchsten Klasse. Und mit den Produkten steht und fällt bekanntlich ein Essen. Vor allem in Restaurants dieser Kategorie. Desweiteren sind die Teller zwar durchgehend sehr ansprechend präsentiert, jedoch ist es sehr schwierig, sich eine richtig gut schmeckende Gabel zusammenzustellen. Die Proportionen und die sich aus der Anrichtung der einzelnen Elemente ergebenden Bissen erforderen viel Feintuning auf der Gabel, was nicht immer gelingt. Der Service ist zwar sehr freundlich, hinterlässt aber dennoch einen etwas zwiespältigen Eindruck. Nach meiner Weinbestellung (2010 Maximin Grünhäuser Abtsberg Riesling Spätlese) kam die freundliche Dame kurz darauf zurück und fragte nach :”Sie mögen es etwas süsser?”. Um dann hinterher zu schieben, dass der Wein sicherlich gut zu einigen Gerichten passen würde…
Ich hatte mir etwas mehr erhofft von diesem Abend. Vielleicht beim nächsten Mal.