Landhaus Bacher (Thomas Dorfer) - Mautern an der Donau

Wer in Österreich über gehobene Küche spricht, kommt am Landhaus Bacher nicht vorbei. Und das schon sehr, sehr lange. 1981 wurde die Küche der damaligen Patronne Lisl Wagner-Bacher zum ersten Mal vom Gault&Millau ausgezeichnet. Im Laufe der Jahre wuchs das Punktekonto auf stattliche 18 Zähler an. Ab 2002 steht ihr Schwiegersohn Thomas Dorfer als Küchenchef mit in der Küche. Während des kurzen Österreich-Intermezzos des Guide Michelin war die Küche des Landhaus Bacher den Testern zwei Sterne wert. Grund genug, für einen Abstecher in Niederösterreich. Eine Reise in die wunderschöne Wachau lohnt sich natürlich sowieso, doch wenn man sie mit einem Besuch bei Susanne Dorfer-Bacher und Thomas Dorfer verbinden kann, die Eheleute haben den Betrieb zwischenzeitlich übernommen, ist die Freude gleich doppelt so gross.
Nach einer kurzen Taxifahrt vom Hotel stehe ich an einem lauschigen Sommerabend im Kiesgarten des Restaurants und werde gleich freundlichst empfangen. Herzlichkeit und Freude werden hier gross geschrieben. Einer von vielen Gründen, warum man sich augenblicklich wohl fühlt. Nach kurzer Rücksprache mit dem Service entscheide ich mich trotz des warmen Wetters für einen Platz drinnen. Das Landhaus Bacher hat etwas herrlich altmodisches an sich. Sitzt man in seiner komfortablen Lounge, spürt man regelrecht, wieviele Menschen hier schon kulinarische Sternstunden genossen haben. Darauf hoffe heute auch ich. Die umfassenden Menüs schaue ich mir gar nicht erst an, sondern begebe mich in die Hände von Thomas Dorfer und seiner Crew. Los geht's.

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Den Anfang machen fünf Apérohappen: Gesäuerter Sellerie, Saibling, Chili und Holunder - Tartelette mit Steinpilzen, Pfirsich und Bottarga - Wiener Backfleisch, Kren und eine Liebstöcklemulsion - Gelierte Maiscrème, geröstete Nüsse, gepickelter Mais und Vogelmiere sowie eine Rauchaalvelouté mit Kokos und Safran (ohne Bild). Was für ein Auftakt! Dorfer zeigt gleich zu Beginn, wo der kulinarische Hammer hängt. Fantastisch ausgearbeitete und abgestimmte Kleinigkeiten, die maximalen Genuss und viel Abwechslung bieten.

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Ein weiterer Gruss aus der Küche folgt in Form einer Paradeiservielfalt von Erich Stekovics mit „unserer Burrata“, Balsamicogelée, Litschiparadeiser und Basilikummarinade. Das altbekannte Thema "Tomate Mozzarella" wird so grandios interpretiert, dass ich aus dem Staunen kaum mehr rauskomme. Grossartige, saftige und intensiv-fruchtige Tomaten, cremig-milder Käse, etwas Säure durch das Gelée und Kräuterfrische. Mehr braucht es nicht für einen himmlisch leichten, dabei eindringlichen Genuss. Produktküche auf allerhöchstem Niveau.

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Der erste offizielle Gang dreht sich um eine marinierte Entenleber mit Tandoori und Himbeere. Mich mit einer Entenleberterrine zu begeistern ist sehr schwierig, doch die Küche schafft es mühelos. Was einerseits an der wunderbar cremigen Textur, aber auch am tadellos herausgearbeiteten Geschmack der Foie liegt. Dazu liegen eine Pisatziencrème, gesalzenes Entenlebernougat und piemonteser Haselnüsse auf dem Teller. À part gibt es eine in Kakaobutter gebratene Brioche. Zu verbessern gibt es hier ganz einfach rein gar nichts. Die Produkte sind von höchster Güteklasse, das Arrangement spannend und optimal austariert. Faszinierend gut.

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Dass Dorfer sowohl das Lokale als auch das Exotische beherrscht und kongenial zusammenbringen kann, zeigt die Ramsauer Gebirgsforelle mit junger Kokosnuss und Gurke. Zuerst besticht das Gericht durch die fantastische Forelle aus den Berchtesgardener Alpen, die so glasklar und rein schmeckt, wie ein Schluck aus einem eiskalten Bergsee. Zu diesem Zeitpunkt besteht die kleine Befürchtung, dass der delikate Fisch von den vielen dominanten Begleitern überlagert werden könnte - doch weit gefehlt. Confierte Ananas, eine Kefir- und Dill-Verbenecrème sowie eine Kokos-Limonenmarinade komplementieren die Hauptelemente mustergültig, so dass keiner der Geschmäcker in diesem bunten Sammelsurium untergeht. Im Gegenteil, alle Komponenten gehen eine harmonische Bindung ein und ergänzen einander. Ein sehr gelungener Mix zwischen Gebirge und Südsee.

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Die nächste Geschmackswelt schielt klar nach Osten, ins nicht weit entfernte Ungarn. Grüne Bohnen und gegrillte Spitzpaprika werden eingefasst von mariniertem Schaffrischkäse, einer Jalapenocrème, geräucherter Wassermelone, Schwarzbrotkrokant und einem leicht gebundenen, grünen Paprikafond. Eine stürmische Kombination, die sicherlich nicht ganz so komplex ist wie die beiden vorherigen Gänge, aber dennoch komplett überzeugt. Denn auch hier zeigt sich das feine Gespür Dorfers für die Proportionen der einzelnen Elemente, so dass sogar dieser kleinen Wuchtbrumme noch immer reichlich Eleganz inne wohnt.

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Sehr ansprechend zeigt sich auch der geröstete Kaisergranat mit eingelegter Physalis, marinierten Kardonen, frischen Mandeln, Sommerkürbis, jungen Erbsen und einer Marinade von grünem Gemüse. Dieser Teller läuft zwar Gefahr, durch die Langoustine sowie den vielen süssen Begleitern in eine etwas arg gefällige Richtung abzudriften und das momentan sehr beliebte Spiel mit der Süsse zu weit zu treiben, doch man versteht es hier meisterhaft, diese Beliebigkeit zu umschiffen. Frische Fruchtsäure (Physalis), Nussigkeit (Mandeln) und ein geradzu frühlingsfrischer Sud sorgen für die dringend benötigte Balance und dafür, dass auch dieser Gang restlos überzeugt.

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Sehr exotisch wird's mit der „Krautroulade“ und glasierten Nektarinen. Als weitere Komponenten bringen sich Ingwer, Paradeiserkraut, Rosa Bianca Aubergine und eine Curry-Zitronengrasvelouté ein. Im ersten Moment wirkt das auf mich etwas forciert, doch nach dem zweiten Bissen fängt dieses Ensemble so langsam an, seinen komplexen Charme zu entfalten. Die kräftige Kohlnote scheint plötzlich wie gemacht dafür, von den süss-säuerlichen, dezent scharfen Begleitern umspielt zu werden. Das Ganze entwickelt eine umheimliche Kraft und Tiefe, die ich so sicher nicht erwartet habe. Ungewöhnlich und vor allem ungewöhnlich gut.

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Geradezu klassisch kommt nun die gegrillte Seezunge mit Imperialkaviar daher. Könnte man meinen. Doch die Küche setzt mit einer sämigen Schnittlauchmousseline, geröstetem Rindermark und einer Misogurke atypische, dabei sehr gelungene Akzente, die von einer fantastischen Beurre Blanc zusammengebracht werden. Mark und Mousseline bieten einen robusten Unterbau, der Fisch und Kaviar viel Platz zur Entfaltung lässt. Sehr spannend sind die Säurespitzen der Gurke, die zusätzlich auch das Umami des Gerichts sowie die subtile Jodikeit des Kaviars weiter hervorheben. Ganz fantastisch.

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Nicht minder gelungen sind die Ravioli von geschmortem Kalbshals und Zunge mit sautierten Eierschwammerl, grünen Bohnen, Bohnenkraut, glasiertem Pfirsich und jungem Mais. Der ultradelikate Teig ist in Dicke wie auch Textur absolut perfekt. Die kräftige, dabei ausgesprochen elegante Füllung ist optimal abgeschmeckt. Mehr braucht es eigentlich gar nicht. Doch nur eine handvoll perfekte Ravioli zu schicken, genügt Thomas Dorfer natürlich nicht. Es ist bemerkenswert, wie auch hier ein Rädchen ins andere greift. Denn, mal ganz ehrlich, wer will denn eigentlich schon Pfirsich zu seinen Teigtaschen? Ich bisher nicht, aber ab heute schon. Zum Reinlegen gut...

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Als Hauptgang wird ein gegrilltes Rippenstück vom Duroc-Schwein serviert. Dazu gibt's Paprika-Harissapüree, glasierte Griselle-Schalotten, Sommerkürbis und Schweinsnatursaft mit Apfelverjus. Das Fleisch ist wunderbar saftig, von fantastischer Intensität und Qualität. Die Schärfe des Harissa bringt ordentlich Wumms mit, der wiederum vom Kürbis etwas eingedämmt wird. Ein würziger, hocharomatischer Fleischgenuss, der meiner Auffassung eines makellosen Hauptgangs ausserordentlich nahe kommt. Ausgezeichnet.

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Zeit für eine Erfrischung. Sauerkleeeis, Joghurtstreusel und Buttermilch sorgt für eine angenehme Kühle und weckt mit seiner grünen Frische die bereits etwas gebeutelten Papillen nochmals auf. Sehr schön.

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„Bienenstich“: Bienenwachseis, Heumilchcreme und Honig-Propolisgel markiert das grandiose Hauptdessert. Ein Wohlfühlgericht, das mich vom ersten Löffel komplett in seinen Bann zieht. Diese dezente Süsse, gepaart mit der wundervollsten Cremigkeit, die man sich nur wünschen kann. Ein luftig-leichter, warmer Germzopf als Gegenpol. Mann, ist das gut! Es klingt so simpel, ist aber ein hochkomplexes, dabei unheimlich wohlschmeckendes Arrangement, das keine Wünsche offen lässt. Wow!

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Die Patisserie geht richtig in die Vollen und schickt noch einen Sauerrahmschmarrn mit Marillenröster und Vanille-Krokant-Eis. Zu sagen, ich bin bereits gut gesättigt, wäre eine masslose Untertreibung. Aber was soll man auch machen, wenn es so gut schmeckt? Genau, einfach weiter essen und den leichten, luftigen Schmarrn geniessen, die fantastischen Marillen und das ausgezeichnete Glacé. Und es ist kein Ende in Sicht...

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So langsam aber sicher ist es Zeit den Gurt etwas lockerer zu schnallen. Die Dirndln mit gelierter Vanillemilch, lauwarmem Mandelkuchen, Dirndlmark, Joghurteis und Zitronenkraut müssen schliesslich auch noch Platz finden. Wie könnte ich ein grandioses Dessert wie dieses auch verschmähen? Dieser Gaumenschmeichler bietet schliesslich klassischen Süssspeisengenuss zwischen feiner Frucht, betörender Vanille und feinem Mandelduft. Der Teller wandert blitzblank zurück in die Küche.

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Eine Auswahl an Petits Fours darf zum Abschluss natürlich nicht fehlen. Vor mir stehen eine Interpretation des Apfelkuchens, Griesskrokant -  Schokoladentarte, Sanddorn, karamellisierte Sonneneblumenkerne (inspiriert von Andreas Caminada) - Soufflierte Topfenpalatschinken, Vanillesauce - Marillenjoghurt-Shot - Praline mit Amarulaganache. Auch bei diesen Kleinigkeiten merkt man die Sorgfalt und Liebe, welche die Küche in jedes auch noch so kleine Detail steckt. Ganz aufessen geht zwar nicht mehr, aber grossartig ist es dennoch.

Was war das für ein grandioser Abend! Thomas Dorfers Küche zeichnet sich einerseits durch eine starke Verbundenheit mit seiner Heimat aus, andererseits auch durch eine selten erlebte Weltoffenheit, die sich vor keinerlei Einflüssen verschliesst. Wie er es schafft verschiedenste, scheinbar unkombinierbare Elemente aufs Köstlichste zusammenzubringen ist sehr eindrucksvoll. Auch Gerichte die scheinbar übers Ziel hinaus schiessen, wie die Kohlroulade oder die Bergforelle, zeichnen sich bei den Proportionen und der Würzungdurch ein feines Händchen aus. Im Mittelpunkt eines jeden Tellers steht schlussendlich immer das Produkt und allen Teller wohnt unheimliche Eleganz inne, die alles federleicht erscheinen lässt. Das Landhaus Bacher ist zweifellos eines der spannendsten und besten Restaurants des Landes. Und darüber hinaus. 


Landhaus Bacher
Südtiroler Platz 2
3512 Mautern an der Donau
Österreich
+43 2732 82937
Website


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