Equi-Table (Fabian Fuchs) - Zürich
Zürich ist in meinen Augen nicht gerade ein Hotspot für Fine Dining. Das einzige besternte Restaurant, in das ich mittlerweile noch relativ regelmässig einkehre, ist das The Restaurant im Dolder Grand. Seitdem Marcus G. Lindner das Mesa vor einigen Jahren verlassen hat, bin ich in der Stadt auf der Suche nach einem neuen Lieblingsrestaurant. Gefunden habe ich es bis jetzt noch nicht. Unkompliziert soll es bitte sein, mit sehr gutem Essen und einer angenehmen Atmosphäre. Es ist leider noch immer nicht so einfach, in unseren Gefilden ein solches Etablissement zu finden. Vielleicht endet meine Suche in Zürich heute endlich, denn zu meiner grossen Freude findet sich für kurzentschlossene wie mich noch ein Plätzchen an diesem spätsommerlichen Abend.
Als ich das Lokal betrete, fühle ich mich sofort wohl und umsorgt. Zwei verschiedene Brote und etwas Frischkäse sowie Salz und Olivenöl stehen bereits auf dem Tisch, als ich mich setze. Ich schaue mich ein bisschen um und bin angetan von der Mischung aus Bistro und Quartierbeiz. Sehr sympathisch. Ich werde gefragt, ob ich mich an diesem Abend gerne kulinarisch überraschen lassen möchte. Klar, warum nicht? Einzig die Anzahl Gänge wird von mir vorgegeben. Sechs sollen es sein. Das erscheint mir für einen Dienstagabend einigermassen vernünftig. Zum ziemlich enttäuschenden Schaumwein El Celler de Can Roca Brut Reserva (Ja, das vermeintlich beste Restaurant der Welt hat einen Haus-Cava, den man auch in der Schweiz kaufen kann) werden einige Amuse Bouches gereicht.
Die kleinen Gaumenschmeichler sind allesamt von sehr guter Qualität. Der Urdinkelgras-Shot ist erfrischend und angenehm "grün". Das Wildschwein erinnert nur optisch an Pulled Pork. Es versucht glücklicherweise nicht, durch eine süss-rauchige Sauce den Gaumen einzulullen, sondern überzeugt durch sein feines Eigenaroma und eine milde Süsse. Grosse Klasse. Der Tempurateig, welcher den Kopfsalat umhüllt, dürfte etwas dünner sein. Dennoch ist das kleine Gebilde hochfein und überzeugt vor allem durch sein interessantes Texturspiel. Beim nächsten Happen stutze ich bei der Annoncierung zunächst ein wenig. Ein Sponge? Wirklich? Klar, man sieht ihn immer mal wieder als Bestandteil eines Gerichts. Aber nur ein Sponge mit etwas Belper Knolle, quasi als eigenständiger Gang, ist heutzutage schon eher ungewöhnlich. Meine Skepsis weicht schnell. Der Sponge ist fluffig und die Rande erstaunlich präsent. Die Kombination mit dem würzigen Käse harmoniert wunderbar. Überraschend. Vor allem überraschend gut. Den Schlusspunkt der kleinen Vorspeisen-Armada setzt ein Sellerie-Taco mit getrocknetem Eigelb und Blüten. Eines der Glanzlichter des Abends. Knackig, zart, floral. Regelrecht feminin. Beinahe sexy. Einfach nur wunderbar und mit Sicherheit der beste Taco, den ich jemals gegessen habe. Meinem Verlangen, noch einige dieser Delikatessen zu ordern, steht meine Vernunft im Weg. Schliesslich folgt erst jetzt der erste Gang des eigentlichen Menus.
Tomate, Mozzarella, Basilikum, Zedernüsse
Hm, ist mein erster Gedanke, als das Gericht vor mir auf den Tisch gestellt wird. ToMozza in einem besternten Restaurant? Ich hege leichte Zweifel. Diese verfliegen jedoch beim ersten Bissen. Die Tomaten aus der Region lassen meine Papillen tanzen, als ob diese gerade vom Sommer geküsst wurden. Wo kriegt der Küchenchef bloss solche Tomaten her? Herrlich. Auch der Rest des Tellers überzeugt auf ganzer Linie. Der beste ToMozza meines Lebens? Ziemlich sicher.
Kalb, Meerrettich, Radisli, Greyerzer
Das Kalb kommt als Tatar daher und ist bedeckt von knackigen Radieschen, knusprigen "Croutons", würzigem Käse und etwas salzig-jodigem Fischrogen. Der Meerrettich kommt nur sehr dezent durch und überlagert die restlichen Aromen nicht. So muss ein Tatar schmecken. Ausgewogen und leicht. Jede Zutat kann man wunderbar erschmecken. Kein Mischmasch aus Whiskey und Tabasco und anderem Gedöns. Ich bin weder ein grosser Fan von Tatar, noch von Kalb. Umso erstaunlicher, dass die Küche mich nach dem Randensponge und dem ToMozza erneut so positiv zu überraschen vermag. Bitte weiter so.
Seeforelle, Lardo, Blumenkohl, Mandel, Eigelb, Couscous
Seeforelle mausert sich so langsam zu einem meiner favorisierten, lokalen Fische. Bereits im Focus konnte ich vor einigen Tagen ein vorzügliches Gericht mit diesem Salmoniden geniessen. So auch hier. Der auch Lachsforelle genannte Fisch besticht durch sein festes Fleisch, welches dennoch ausgeprochen zart ist und am Gaumen einfach zerdrückt werden kann. Die weiteren Komponenten sorgen für ein äusserst süffiges Gericht. Das ist geschmacklich keine Achterbahnfahrt der Aromen. Hier werden einfach sehr gute Produkte zu einem ungemein wohlschmeckenden Gericht kombiniert. Unkomplizierter Genuss. Wunderbar.
Schwein, Shitake, Gurke, Bohne, Johannisbeere
Genauso wunderbar geht es weiter. Bei diesem Teller liegt der Fokus eher auf Säure (Johannisbeere) und einer "grünen" Frische (Gurke und Bohne). Beides komplementiert das fette und sehr aromatische Schwein (einmal Schweinebauch und einmal Filet, glaube ich) vorzüglich. Der Shitake-Jus verbindet alle Elemente und verleiht dem Gericht zusätzlich eine willkommene Erdigkeit sowie eine gehörige Portion Umami. Einfach nur lecker.
Perlhuhn, Fenchel, Zwiebel, Kohlrabi, Quinoa
Ich bin schon beim Hauptgang angelangt? Wieso? Ich will mehr. Aber zuerst widme ich mich nun dem Perlhuhn. Zart und dennoch mit einem gewissen Biss. Genauso mag ich mein Fleisch. Die Zwiebel wurde in der gehobenen Gastronomie lange Jahre als Zutat unterschätzt. So langsam wird sie als eigenständige Komponente wiederentdeckt. Sehr zu meiner Freude. Ein Stück Fenchel sowie eine Fenchelcrème mit Safran verbreiten klassischen, französischen Spass auf dem Teller. Ein bisschen knackiger Kohlrabi rundet das Ensemble ab. Einzig der Quinoa erscheint mir hier überflüssig. Es braucht ihn weder des Geschmacks wegen, noch als Sattmacher. Auch texturell bringt er dem Gericht nicht wirklich viel. Abgesehen davon ist dieser Teller so gut, dass ich am liebsten auch den letzten Saucentupfer vom Teller abschlecken möchte. Eine toller Abschluss des salzigen Teils des heutigen Menus.
Nun folgt ein erfrischendes Pré-Dessert, dessen Zutaten ich mir nicht notiert habe. Randen, Joghurt und eine gegrillte Limette spielen, glaube ich, eine Rolle.
Beere, Weisse Schokolade, Rosmarin, Mascarpone
Das eigentliche Dessert sorgt nochmals für ein letztes Ausrufezeichen. Es ist perfekt. Eines der besten Desserts, das ich jemals gegessen habe. Nicht zu süss. Leicht. Beerig-frisch. Ätherische Noten vom Rosmarin, die das Dessert auf die nächste Stufe, die höchste Stufe, heben. Grandios!
Friandises gibt es natürlich auch noch. Ein gebührender Abschluss eines denkwürdigen Abends.
Man kann es nach dem lesen des Berichts wohl erahnen, ich habe endlich wieder ein Lieblingsrestaurant gefunden! Ich hatte eines der schönsten Esserlebnisse überhaupt. So schön, dass das Equi-Table gleich mal in die Top 20 meiner lukullischen Exkursionen vorstösst. Hier stimmt einfach alles. Selten habe ich ein Lokal glücklicher verlassen als an diesem Abend. Dafür danke ich Fabian Fuchs und seinem Team. Ich komme wieder.
Equi-Table
Stauffacherstrasse 163
8004 Zürich
+41 43 534 82 77
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